Ausstellungseröffnung “Der Weg der Sinti und Roma” in Gudensberg

Vom 17.09. bis zum 30.09. zeigte der Lan­desver­band seine Ausstel­lung “Der Weg der Sin­ti und Roma” in Gudens­berg. Die Ausstel­lung kon­nte am 17.09. mit Hygien­ekonzept eröffnet wer­den und war gut besucht. Der Hes­sisch-Nieder­säch­sis­che Anzeiger vom 19.09.2020 berichtete.

Fati­ma Stieb, Mit­glied im Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma, eröffnete die Ausstel­lung mit einem Gruß­wort. “Man hat unsere Men­schen seit ihrer Ankun­ft im deutschsprachi­gen Raum immer wieder zu ‘Zige­unern’ gemacht. Was heißt das? Man hat sie aus­ge­gren­zt, hat sie in ihrem beru­flichen Fortkom­men behin­dert und diskri­m­iniert. Man hat ihnen ver­weigert, sich anzusiedeln und man hat sie immer wieder ver­trieben. Kurz: man hat ihnen ver­boten ein Teil der Gesellschaft zu sein, wie alle anderen. Schließlich hat man sie ver­fol­gt und ermordet, bis hin zum organ­sierten Völk­er­mord im Nation­al­sozial­is­mus.”, betonte Fati­ma Stieb. Diese Diskri­m­inierung endete jedoch nicht nach 1945, son­dern sie wirkt bis heute weit­er. Anschläge wie in Halle, Hanau, und Wächters­bach oder auf den Regierung­spräsi­den­ten Wal­ter Lübcke erin­nern immer wieder daran, das Recht­ster­rror­is­mus wieder zunimmt. Das mache zivilge­sellschaftlich­es Engage­ment, wie es sich hier in Gudens­berg zeige, umso wichtiger.

Im Anschluss leit­ete der His­torik­er und Autor der Ausstel­lung Dr. Udo Eng­bring-Romang mit einem Eröff­nungsvor­trag in das The­ma der Ausstel­lung die 600 jährige Geschichte der Sin­ti und Roma im deutschsprachi­gen Raum und ihre Ver­fol­gung ein.

Gedenken an die Deportationen am 27. September 1942 in Darmstadt

Auch in diesem Jahr nahm Romano Strauß, Vor­stand des Lan­desver­ban­des, als dessen Vertreter an dem Gedenken an die aus Darm­stadt deportierten Juden und Sin­ti 1942/43 an dem gemein­samen Mah­n­mahl am Güter­bahn­hof teil. Maria Strauß, deren Fam­i­lie aus Darm­stadt deportiert wurde, hielt ein Groß­wort. Sie mah­nt, dass auch heute immer mehr Sin­ti, Roma und Juden sich nicht trauen öffentlich als diese erkennbar zu sein und ihre Iden­tität ver­steck­en. “Sie haben Angst vor Angrif­f­en, Beschimp­fun­gen, Benachteili­gun­gen und Aus­gren­zung. Eine Angst, die mich sehr trau­rig macht. Es macht mich trau­rig, wenn Kinder vor ihren Fre­un­den einen Teil ihrer Iden­tität ver­heim­lichen müssen. Es macht mich trau­rig, dass Ange­hörige unser­er Min­der­heit­en, Juden, Sin­ti und Roma, auf der Straße Angst haben müssen.”

Ins­beson­dere in Zeit­en des Recht­ster­ror­is­mus müsse der Staat sein­er Pflicht Min­der­heit­en zu schützen nachkom­men.

Dritte Eberstädter Projekttage gegen Antiziganismus

Im Sep­tem­ber 2020 ver­anstal­tete der Lan­desver­band zusam­men mit dem Eber­städter Bünd­nis gegen Antizigan­is­mus zum drit­ten Mal in Folge die “Eber­städter Pro­jek­t­tage gegen Antizigan­is­mus”. Auch dieses mal kon­nte wieder ein span­nen­des Pro­gramm präsen­tiert wer­den, welch­es sich ins­beson­dere an Lehrkräfte und Sozialpädagog*innen richtete.

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Diskussionsrunde an der Polizeiakademie in Wiesbaden

Zusam­men mit der Jüdis­chen Gemeinde und dem Aus­län­der­beirat war der Hes­sis­che Lan­desver­band am 17.09.2020 zu ein­er Diskus­sion­srunde mit Polizeianwärter*innen an der Polizeiakademie in Wies­baden ein­ge­laden. Rinal­do Strauß, stv. Geschäfts­führer des Lan­desver­ban­des sprach einige ein­lei­t­ende Worte und im Anschluss wurde gemein­sam über unter­schiedliche Per­spek­tiv­en disku­tiert.

In seinen ein­lei­t­en­den Worten beleuchtete Rinal­do Strauß das Ver­hält­nis von Polizei und Min­der­heit his­torisch und aktuell. Denn die Ver­fol­gungs­geschichte die Sin­ti und Roma in ihren 600 Jahre alten Geschichte im deutschsprachi­gen Raum erlei­den mussten ist ele­men­tar, um diese zu ver­ste­hen.

Eine Geschichte in der Polizei, Soziale Arbeit und Ord­nungsämter immer wieder eine zen­trale Rolle in der Ver­fol­gung und Ermord­nung spiel­ten. Den­noch lassen diese Insti­tu­tio­nen sich nie unab­hängig von den gesellschaftlichen Struk­turen sehen. So haben sich seit der Anerken­nung des Völk­er­mordes 1980 viele Dinge verbessert. Den­noch beun­ruhi­gen Nachricht­en von recht­en Struk­turen in der Polizei und dem Mil­itär, wie in den NSU 2.0 Skan­dalen und Ange­hörige unser­er Min­der­heit fühlen sich noch immer oft genug nicht gle­ich­berechtigt behan­delt.

“Das ich heute hier sein darf als Vertreter des Hes­sis­chen Lan­desver­ban­des und als Vertreter der nationalen Min­der­heit der Sin­ti und Roma, aber vor allem als Sohn eines Auschwitz über­leben­den, ist für mich etwas ganz beson­deres. Ich empfind­en Ver­anstal­tun­gen wie diese, als ein sehr wichtiges Zeichen”, betont Rinal­do Strauß. Ein Zeichen für Aus­tausch und Möglichkeit­en der Verän­derung.

“Vili war mein Held”

Interview mit den Eltern von Vili Viorel Păun, Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020

Zum Gedenken an Vili Viorel Păun, der heute 23 Jahre alt gewor­den wäre.

Vili Viorel Păun (Foto pri­vat)

Inter­view­erin (I): Kön­nt ihr mir von Vil­li und seinem Leben erzählen?

Nicules­cu Păun (NP): Vili war ein Wun­schkind. Nach­dem ich 1996 mit der Armee fer­tig war, habe ich Iulia geheiratet. Ein Jahr später kam Vili. Er war ein sehr net­ter Junge mit einem großen Herz, weil er ein Einzelkind war. Men­schen haben Vili nur 10 Minuten ken­nen gel­ernt und sich an ihn erin­nert. Ich war ein­mal mit ihm bei ein­er rumänis­chen Zah­närztin, nur 10–20 Minuten. Als ich danach nochmal bei ihr war, haben wir eine Stunde lang über Vili gere­det. Was für ein Men­sch er war, seinen Charak­ter und sein Gesicht. Sein Gesicht sagt viel über Vili.

2016 kam ich alleine nach Deutsch­land. Ich habe einen Platz zum arbeit­en gefun­den, für die Papiere und eine Woh­nung. 2017 sind Iulia und Vili nachgekom­men. Ich bin zu meinem Chef gegan­gen und habe ihm gesagt: „Das ist mein Sohn.“ Er antwortete, dass Vili bei ihm arbeit­en kön­nte, wenn er Deutsch gel­ernt habe. Also habe ich Vili gesagt: „Vili, du musst Deutsch ler­nen.“ Er antwortete: „Ja Papa, ich mach das.“ Und dann hat er das zwei, drei Stun­den pro Tag gemacht. Zwei, drei Monate später, im Jan­u­ar 2018 hat Vili ange­fan­gen zu arbeit­en.

Vili hat später einen neuen Platz in der Fir­ma bekom­men, er wollte heirat­en und mit sein­er Fre­undin in eine neue Woh­nung ziehen. Er hat immer gesagt: „Papa, ich mach für dich und für Mama nicht ein Kind, son­dern mehrere. Weil ich immer alleine war.“ Iulia hat gesagt: „Ja, wir wollen das.“

Beim Atten­tat vom 19. Feb­ru­ar zum Beispiel hat­te Vili mit den anderen nichts zu tun. Iulia und ich, wir woll­ten dass unser Sohn nach Hause kommt. Iulia hat ger­ade ein Schnitzel für Vili zubere­it­et. Aber es war Vilis Entschei­dung zu kämpfen und den Täter zu stop­pen. Ich muss das respek­tieren, weil es seine Entschei­dung ist. Aber Iulia und ich hät­ten gewollt, dass er nach Hause kommt. Aber ich muss das respek­tieren… Ja. Ich muss das respek­tieren.

Iulia hat gestern für drei Per­so­n­en Essen gemacht, weil sie es vergessen hat. Hat seine Klam­ot­ten sauber gemacht und wieder: vergessen…

Iulia und ich sind bei­de Waisen. Iulia hat mit neun Jahren ihre Mut­ter ver­loren und ich mit 18 Jahren. Unsere Sit­u­a­tion war nicht so rosig. Es ist oft was passiert. Jet­zt ist unser Sohn gestor­ben. Ein so net­ter Junge. Unglaublich… Unglaublich. Mit dieser Geschichte muss ich das ganze Leben lang leben. Nicht für einen Tag, wie zum Beispiel bei Coro­na, wo du weißt: ab dem 15. kannst du das und das wieder machen. Es ist für immer.

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