Ein Gedenktag für die Gegenwart und Zukunft

Gedenken zum 77. Jahrestag der Deportation der Wiesbadener Sinti 

GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG der Lan­des­haupt­stadt Wies­ba­den und des Ver­bands Deut­scher Sin­ti und Roma, Lan­des­ver­band Hessen

Darm­stadt und Wies­ba­den, 24.02.2020

Vor 77 Jah­ren, am 8. März 1943, wur­den 119 Ange­hö­ri­ge der Sin­ti von Wies­ba­den aus in das Ver­nich­tungs­la­ger Ausch­witz-Bir­ken­au depor­tiert. Im ver­gan­ge­nen Jahr hat die Lan­des­haupt­stadt Wies­ba­den auf den Vor­schlag des Lan­des­ver­ban­des Deut­scher Sin­ti und Roma hin beschlos­sen, der Depor­ta­ti­on der Wies­ba­de­ner Sin­ti nun­mehr jähr­lich zu gedenken. 

Wir geden­ken am 8. März unse­ren Men­schen, die von Wies­ba­den aus von den Nazis ent­rech­tet, ver­schleppt, gede­mü­tigt, gefol­tert und ermor­det wur­den. Dabei ist auch wich­tig zu ver­ste­hen, dass die Ver­fol­gung von Sin­ti und Roma bereits vie­le Jahr­hun­der­te vor dem Natio­nal­so­zia­lis­mus begon­nen hat. Lei­der ende­te die Aus­gren­zung auch nach dem Völ­ker­mord an unse­ren Men­schen nicht. Die Über­le­ben­den der NS-Ver­fol­gung waren wei­ter­hin Dis­kri­mi­nie­run­gen und Unge­rech­tig­kei­ten aus­ge­setzt, sie wur­den wie­der an den Rand der Gesell­schaft gedrängt, auch nach dem Krieg. Das hat Aus­wir­kun­gen bis auf den heu­ti­gen Tag, vie­le unse­rer Men­schen sind noch immer schlech­ter gestellt“ erklärt Adam Strauß, Vor­sit­zen­der des Lan­des­ver­ban­des und ergänzt: „Gro­ße Tei­le der Bevöl­ke­rung unter­stel­len den Ange­hö­ri­gen unse­rer Min­der­heit eben­falls noch immer, kri­mi­nell oder arbeits­scheu zu sein. Das muss end­lich auf­hö­ren. Das Erstar­ken von Rechts­po­pu­lis­mus und Hass­ver­bre­chen in Deutsch­land und ganz Euro­pa macht uns gro­ße Sor­gen. Des­halb ist heu­te das Enga­ge­ment der­je­ni­gen, die sich gegen Vor­ur­tei­le und für Demo­kra­tie und Tole­ranz ein­set­zen und strei­ten, wich­ti­ger denn je. Wir dür­fen den öffent­li­chen Raum nicht den Fein­den der offe­nen Gesell­schaft über­las­sen. Wir geden­ken den Toten, aber wir den­ken dabei auch an die Gegen­wart und die Zukunft. Die Ver­folg­ten mah­nen uns, dass sich Ausch­witz nie­mals wie­der­ho­len darf.“

Ober­bür­ger­meis­ter Gert-Uwe Men­de bekräf­tigt: „Seit 1992 steht in der Bahn­hof­stra­ße das Mahn­mal, das dau­er­haft an die Depor­ta­ti­on von 119 Wies­ba­de­ner Sin­ti in das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Ausch­witz und an den Völ­ker­mord der Nazis an Sin­ti und Roma erin­nern soll. Die­ses Mahn­mal soll, heu­te wie­der mehr denn je, ein deut­li­ches Zei­chen für Hal­tung und Rück­grat, Hin­schau­en und Ein­mi­schen, Mit­ge­fühl und Soli­da­ri­tät sein.“ Das Mahn­mal besteht aus einem gro­ßen drei­ge­teil­ten Sand­stein­block. Er zeigt eine Grup­pe von Män­nern, Frau­en und Kin­dern, die sich — erdrückt unter einer schwe­ren Last — auf dem Weg in den Unter­gang befin­det. „Es ist wich­tig, die­sen immer noch so wenig wahr­ge­nom­men Teil des Ras­sen­wahns der Nazis ein­dring­lich ins Gedächt­nis zu rufen. Das Geden­ken an die Depor­ta­ti­on Wies­ba­de­ner Sin­ti im Jahr 1943 ist fes­ter Bestand­teil der Erin­ne­rungs­kul­tur in unse­rer Stadt“, so Mende.

Anläss­lich des 77. Jah­res­ta­ges der Depor­ta­tio­nen fin­det am 8. März 2020 um 16 Uhr eine gemein­sa­me Gedenk­stun­de am Mahn­mal in der Bahn­hofs­stra­ße statt (am Geschwis­ter-Stock-Platz 1, 65185 Wies­ba­den), zu der wir Sie herz­lich einladen.

Für Rück­fra­gen errei­chen Sie unser Büro unter 06151 377740 oder per Email an verband@sinti-roma-hessen.de.