Gedenken an die März-Deportationen 1943

Im März 2019 gedachte der Lan­desver­band in mehreren Hes­sis­chen Großstädten (Wies­baden, Darm­stadt, Gießen und Mar­burg) gemein­sam mit VertreterIn­nen des Mag­is­trats und der Stadtöf­fentlichkeit der 1943 nach Auschwitz deportierten Sin­ti und Roma. In diesem Monat vor 76 Jahren wur­den mehrere hun­dert Ange­hörige der Min­der­heit in Hes­sen aus ras­sis­tis­chen Grün­den nach Auschwitz deportiert. Die meis­ten über­lebten den Nation­al­sozial­is­mus nicht.

Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Lan­desver­ban­des, gedachte zusam­men mit Ober­bürg­er­meis­ter Sven Gerich und VertreterIn­nen der Wies­baden­er Zivilge­sellschaft am 8. März den 119 aus Wies­baden deportierten Sin­ti. Er betonte in sein­er Rede: „Mit dieser Ver­nich­tungspoli­tik soll­ten nicht nur unsere Men­schen ermordet wer­den, son­dern auch die 600-jährige Geschichte unser­er Min­der­heit im deutschsprachi­gen Raum zer­stört wer­den. Diese Erin­nerung ist für mich und jeden unser­er Men­schen mehr als bloße Geschichte. Viele mein­er Ver­wandten habe ich nie ken­nen ler­nen dür­fen. Sie über­lebten den Nation­al­sozial­is­mus nicht.“

Am 15. März gedachte der Lan­desver­band in Darm­stadt zusam­men mit der Stadträtin Bar­bara Akd­eniz und der Darm­städter Stadt­bevölkerung den 69 aus Darm­stadt deportierten Sin­ti. In sein­er Rede betonte Rinal­do Strauß: „Gedenken und Mah­n­male sind nicht nur ein Anlass, den Toten und Über­leben­den der Ver­brechen zu erin­nern. Son­dern sich auch der Bilder und Momente zu erin­nern, welche diese Ver­brechen möglich macht­en. Näm­lich Bilder und Vorurteile, die bis heute fortwirken. Auch heute noch ist es für unsere Men­schen wegen der ‚Zige­uner­bilder‘ schw­er eine Woh­nung oder eine Arbeit zu find­en. Auch heute noch sind unsere Kinder in der Schule vielfach von Diskri­m­inierung betrof­fen. Auch heute noch trauen sich viele, nicht zu sagen: ‚Ich bin ein Sin­to‘, oder ‚Ich bin ein Rom‘. Aus diesen Grün­den ist Aufk­lärungsar­beit, aber auch das Gedenken an die Ver­gan­gen­heit wichtig. Durch diese kön­nen wir ver­ste­hen, wie es zu den Ver­brechen gekom­men ist, um diese in Zukun­ft ver­hin­dern zu kön­nen.“

Am 16. März gedachte der Lan­desver­band in Gießen zusam­men mit Ober­bürg­er­meis­terin Grabe-Bolz den 14 deportierten Ange­höri­gen der Min­der­heit. In sein­er Rede erin­nerte Rinal­do Strauß: „Man muss wis­sen und ver­ste­hen, dass es keinen Ange­höri­gen unser­er Min­der­heit gibt, der vom Völk­er­mord nicht betrof­fen war. Sie alle haben Leid erlebt, dass weit über die Gren­zen der men­schlichen Vorstel­lungskraft hin­aus­ge­ht.“ Und mah­nte in sein­er Rede als Lehren der Ver­gan­gen­heit für die Gegen­wart an: „Ger­ade in der heuti­gen Zeit des Wieder­au­flebens des Recht­spop­ulis­mus ist der gemein­same Kampf gegen autoritäre und faschis­tis­che Strö­mungen von größter Wichtigkeit.“

Romano Strauß gedachte am 23. März als Vertreter des Lan­desver­ban­des gemein­sam mit dem Mar­burg­er Ober­bürg­er­meis­ter Thomas Spies den 78 aus Mar­burg deportierten Sin­ti, unter Ihnen befand sich auch sein Vater. In sein­er Rede berichtete er auch aus den Erin­nerun­gen seines Vaters: „Mein Vater erzählte, dass er von seinem dama­li­gen Wohnort Cölbe mit dem Zug nach Mar­burg gebracht wurde. In Cölbe war er zur Schule gegan­gen und hat­te eine Dachdeck­er­lehre gemacht. Bere­its vor der Depor­ta­tion durfte die Fam­i­lie meines Vaters ihren Wohnort nicht ver­lassen, nicht mal, um nach Mar­burg zum Arbeit­en zu gehen. Viele, die mit meinem Vater deportiert wur­den, kamen nie wieder zurück. Mein Vater und die anderen Über­leben­den haben Leid erlebt, das weit über unsere Vorstel­lungskraft hin­aus geht.“ Und weit­er: „Er ver­lor in den Lagern seine Mut­ter, einen Brud­er, zwei Schwest­ern, Schwa­ger, Nicht­en und Nef­fen.“

Musikalisch wur­den die Ver­anstal­tun­gen durch das Aaron Weiß und Sun­ny Franz Duo begleit­et.

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