Pressemitteilungen

 

Gedenken zum 80. Jahrestag der Deportation der Wiesbadener Sinti

Gemein­same Pressemit­teilung der Stadt Wies­baden und des Hes­sis­chen
Lan­desver­ban­des Deutsch­er Sin­ti und Roma.

Am 8. März 2023 jährt sich die Depor­ta­tion der Wies­baden­er Sin­ti nach Auschwitz-Birke­nau zum 80. Mal. Anlässlich dieses Tags ver­anstal­tet der Hes­sis­che Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma gemein­sam mit der Stadt Wies­baden eine Gedenkver­anstal­tung.

Ober­bürg­er­meis­ter Gert-Uwe Mende wird gemein­sam mit Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma, der deportierten Sin­ti am Mah­n­mal für die deportierten und ermorde­ten Wies­baden­er Sin­ti und Roma in der Bahn­hof­s­traße in Wies­baden gedenken. Musikalisch einger­ahmt wird das Gedenken von June Heilig an der Geige.

Ohne den his­torisch gewach­se­nen Antizigan­is­mus, der sich seit Jahrhun­derten in der europäis­chen Gesellschaft ver­fes­tigt hat­te, wäre der Völk­er­mord an 500.000 Sin­ti und Roma nicht möglich gewe­sen“, sagt Rinal­do Strauß. „Viele ras­sis­tis­che Zer­rbilder existieren bere­its seit über 600 Jahren. Damit kon­nten die Nürn­berg­er Rassege­set­ze von 1935 naht­los an beste­hende antizigan­is­tis­che Denkweisen in weit­en Teilen der Bevölkerung anknüpfen. Doch auch nach 1945 ist Ras­sis­mus und Antizigan­is­mus nicht ver­schwun­den. Grup­pen­be­zo­gene Men­schen­feindlichkeit ist auch in unser­er heuti­gen Gesellschaft präsent. Dies zeigt der ras­sis­tis­che Anschlag in Hanau 2020 auf trau­rige Weise. Der Slo­gan der Ini­tia­tive 19. Feb­ru­ar „erin­nern heißt verän­dern“ kann uns auch heute am 80. Jahrestag der Depor­ta­tion der Wies­baden­er Sin­ti ein Leit­satz sein. Denn nur wer die richti­gen Schlüsse aus der Ver­gan­gen­heit zieht, kann die Gegen­wart verän­dern und die Zukun­ft gestal­ten.“

Wir gedenken der Sin­ti, die Opfer des Holo­caust gewor­den sind. Es ist unsere moralis­che Pflicht, an das Lei­den der Men­schen, die unter dem NS-Regime ver­fol­gt wur­den, zu erin­nern. Seit 1992 ste­ht in der Bahn­hof­s­traße ein Mah­n­mal, das dauer­haft an die Depor­ta­tion von Wies­baden­er Sin­ti in das Konzen­tra­tionslager Auschwitz und an den Völk­er­mord der Nazis an Sin­ti und Roma erin­nert. Dieses Mah­n­mal soll ein deut­lich­es Zeichen für Hal­tung und Rück­grat, Hin­schauen und Ein­mis­chen, Mit­ge­fühl und Sol­i­dar­ität sein. Diesem wichti­gen Mah­n­mal ist mehr Wahrnehmung durch die Stadt­ge­sellschaft zu wün­schen“, sagt Ober­bürg­er­meis­ter Gert-Uwe Mende. „Das Gedenken an die Depor­ta­tion Wies­baden­er Sin­ti im Jahr 1943 ist fes­ter Bestandteil der Erin­nerungskul­tur in unser­er
Stadt“.

Am Vor­abend, am Dien­stag, 7. März, wird Dr. Karo­la Fin­gs um 19 Uhr im Fest­saal des Rathaus­es in ihrem Vor­trag die Ver­fol­gungs­geschichte und den Völk­er­mord an den Sin­ti und Roma in den Blick nehmen. Die Gedenkver­anstal­tung am Mittwoch, 8. März, find­et um 15 Uhr am Mah­n­mal für die deportierten und ermorde­ten Sin­ti und Roma in der Bahn­hof­s­traße statt. Alle Wies­badener­in­nen und Wies­baden­er, sowie alle Inter­essierten sind her­zlich ein­ge­laden, mit ihrer Teil­nahme an die Depor­ta­tion und die Schreck­en des Nation­al­sozial­is­mus zu erin­nern.

„Entschuldigung für diskriminierendes Verhalten“

Wald­camp­ing­platz Bad Zwest­en entschuldigt sich bei Fam­i­lie

Am 11.08.2021, sechs Tage nach­dem vier Fam­i­lien vom Wald­camp­ing­platz Bad Zwest­en mit der Begrün­dung, dass „Sin­ti und Roma auf diesem Camp­ing­platz nicht erwün­scht“ seien, des Platzes ver­wiesen wur­den, erfol­gte die schriftliche Entschuldigung seit­ens des Vor­standes des Camp­ing­clubs Kas­sel.

In dem Schreiben heißt es: „Wir entschuldigen uns aufrichtig für das Vorge­fal­l­ene bei der Fam­i­lie Unger und darüber hin­aus auch bei Ihnen und bei den durch Sie repräsen­tierten Sin­ti und Roma!“ Darüber hin­aus wurde der antizigan­is­tis­che Vor­stands­beschluss unmit­tel­bar aufge­hoben und in Zukun­ft werde im Vor­feld geprüft, dass von Vor­gaben und Weisun­gen keine diskri­m­inierende Wirkung aus­ge­he.

„Für eine Entschuldigung bedarf es neben der Ein­sicht für das eigene Fehlver­hal­ten auch der Aufrichtigkeit, das gegenüber den betrof­fe­nen Fam­i­lien in aller Öffentlichkeit zuzugeben“, bemerkt Adam Strauß, der die Entschuldigung des Vor­standes sehr begrüßt.

Der Hes­sis­che Lan­desver­band bedankt sich her­zlich bei allen Mitstreiter*innen für die sol­i­darische Unter­stützung und blickt angesichts des erfahre­nen Engage­ments hoff­nungsvoll in die Zukun­ft. Eine funk­tion­ierende Demokratie braucht ver­lässliche Bündnispartner*innen, die sich für Gerechtigkeit und gegen Diskri­m­inierung ein­set­zen.

„Hier werden jahrhundertealte Ausgrenzungen vollkommen unverhohlen fortgeführt“

Sinti und Roma auf Waldcampingplatz Bad Zwesten nicht erwünscht

Am 05.08.2021 um ca. 13 Uhr wur­den vier Fam­i­lien nach dem Auf­bau ihrer Vorzelte von ihrem reservierten Platz auf dem Wald­camp­ing­platz Bad Zwest­en weggeschickt – mit der Begrün­dung, dass „Sin­ti und Roma auf diesem Camp­ing­platz nicht erwün­scht“ seien. Die Fam­i­lien mussten wieder zusam­men­pack­en und sich spon­tan einen anderen Stellplatz suchen. Auf Rück­frage bestätigte ein Mitar­beit­er des Camp­ing­platzes dem Vor­sitzen­den des Hes­sis­chen Lan­desver­ban­des Deutsch­er Sin­ti und Roma, Adam Strauß, dass der aus­ge­sproch­ene Ver­weis gegen Sin­ti und Roma auf Entschei­dung des gesamten Vor­standes erfol­gt sei.

„Wir sind schock­iert. Hier wer­den jahrhun­dertealte Aus­gren­zun­gen vol­lkom­men unver­hohlen fort­ge­führt“, kri­tisiert Adam Strauß. Seit Jahrhun­derten wer­den Sin­ti und Roma in Europa diskri­m­iniert und ver­fol­gt. Schon vor Jahrzehn­ten kämpfte der Lan­desver­band dafür, dass die diskri­m­inieren­den Schilder, welche soge­nan­nten ‚Land­fahrern‘ den Zutritt zu Camp­ing­plätzen ver­boten, abge­hängt wer­den und ein Umdenken stat­tfind­et.

Dass auch heute noch Sin­ti und Roma nicht als zahlende Gäste willkom­men geheißen, son­dern ver­trieben wer­den, ist nicht hin­nehm­bar und muss mit aller Deut­lichkeit zurück­gewiesen wer­den. „Zu was Antizigan­is­mus, Ras­sis­mus und Anti­semitismus auch heute noch führen kann, haben wir in Halle, Hanau, Kas­sel und München gese­hen. Es liegt in unser aller Ver­ant­wor­tung jeglich­er Diskri­m­inierung ent­ge­gen­zutreten und diese zu bekämpfen. Es ist ein Skan­dal und ver­stößt gegen das Grundge­setz, dass auch heute noch Men­schen aus ras­sis­tis­chen Grün­den der Zugang zu Räu­men ver­wehrt wird“.

Der Hes­sis­che Lan­desver­band fordert, dass diese antizigan­is­tis­che und ras­sis­tis­che Aus­gren­zung unverzüglich aufge­hoben und sich in aller Öffentlichkeit für diese diskri­m­inierende Anweisung entschuldigt wird.

Hessischer Verband Deutscher Sinti und Roma und Wissenschaftsstadt Darmstadt gedenken Völkermord am 2. August

Darmstadt den 30.7.2021

Hes­sis­ch­er Ver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma und Wis­senschaftsstadt Darm­stadt gedenken Völk­er­mord am 2. August / Bürg­er­meis­terin Akd­eniz: „Dieses düstere Kapi­tel deutsch­er Geschichte darf niemals vergessen wer­den – aus Respekt vor den Toten und ihren Fam­i­lien und damit solche Grausamkeit­en niemals wieder geschehen“

Die Wis­senschaftsstadt Darm­stadt und der Ver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma, Lan­desver­band Hes­sen, gedenken am kom­menden Mon­tag, 2. August, des nation­al­sozial­is­tis­chen Völk­er­mords an Sin­ti und Roma. Bar­bara Akd­eniz, Bürg­er­meis­terin der Wis­senschaftsstadt Darm­stadt, und Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Hes­sis­chen Lan­desver­bands Deutsch­er Sin­ti und Roma erin­nern in dig­i­tal­en Botschaften, die auf www.darmstadt.de und www.sinti-roma-hessen.de zu sehen sind, an den Völk­er­mord. Zusät­zlich leg­en Rinal­do Strauß als Vertreter des Hes­sis­chen Lan­desver­bands Deutsch­er Sin­ti und Roma und Bürg­er­meis­terin Bar­bara Akd­eniz für die Wis­senschaftsstadt Darm­stadt um 11 Uhr am Darm­städter Mah­n­mal für die Opfer des Völk­er­mords an Sin­ti und Roma Blu­men nieder. Das Mah­n­mal befind­et sich vor dem Jus­tus-Liebig-Haus (Große Bach­gasse/Lud­wig-Met­zger-Platz).

Bürg­er­meis­terin Bar­bara Akd­eniz dazu: „Der Völk­er­mord an den Sin­ti und Roma ist ein weit­eres düsteres Kapi­tel deutsch­er Geschichte, das niemals vergessen wer­den darf. Auch von Darm­stadt aus, das Gedenkze­ichen Güter­bahn­hof erin­nert noch heute daran, wur­den damals Men­schen, Darm­städter Bürg­erin­nen und Bürg­er, in die Konzen­tra­tionslager der Nazis deportiert, um getötet, ja ver­nichtet, zu wer­den. Heute, am 2. August, gedenken wir dieses Völk­er­mords, aus Respekt vor den Toten und ihren Fam­i­lien, aber auch, um uns daran zu erin­nern, dass es unsere Bürg­erpflicht ist, wo wir nur kön­nen, spal­tenden, aus­gren­zen­den, ras­sis­tis­chen Ten­den­zen in der Stadt­ge­sellschaft entsch­ieden ent­ge­gen­zutreten, damit sich eine solche Grausamkeit niemals wieder­holen kann.“

Adam Strauß stellt her­aus, warum das Gedenken so wichtig ist und wie sich die Ver­nich­tungspoli­tik der Nazis bis heute auswirkt: „Der 2. August ist der Gedenk­tag an den Völk­er­mord an Sin­ti und Roma. Aber Völk­er­mord – was heißt das? Für uns Sin­ti und Roma bedeutet Völk­er­mord, dass jed­er Ange­hörige der Min­der­heit hier in Europa in sein­er eige­nen Fam­i­lie Opfer zu bekla­gen hat. Die Nazis haben es nicht geschafft, ihren Rassen­wahn voll­ständig in die Tat umzuset­zen, aber die Spuren dessen sind tief, sie sind tief in das Gedächt­nis und die Herzen unser­er Men­schen eingeschrieben.“

Umso wichtiger sei es heute, die Geschichte nicht zu vergessen, ger­ade weil sie nicht ein­fach Geschichte ist, son­dern bis heute nach­wirkt. „Und wer diese Erfahrung ein­mal gemacht hat, dass Men­schen­leben nichts wert sind, ja dass einem das Men­sch­sein abge­sprochen wird, der ver­gisst das nicht. Wir alle dür­fen das nicht vergessen! Dass es möglich ist, hat die Geschichte gezeigt. Dass es nicht wieder geschieht, dafür tra­gen wir alle die Ver­ant­wor­tung“, ergänzt Adam Strauß.

Hin­ter­grund:

Der 2. August ist der europäis­che Gedenk­tag an den nation­al­sozial­is­tis­chen Völk­er­mord an Sin­ti und Roma, denn in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wur­den die etwa 4.300 Sin­ti und Roma, die noch im soge­nan­nten „Zige­uner­lager“ in Auschwitz-Birke­nau verblieben waren, ermordet. Vor allem Alte, Frauen und Kinder wur­den in die Gaskam­mern getrieben – über­leben sollte nur, wer von der SS als „arbeits­fähig“ eingestuft wor­den war.

Dem ras­sis­tis­chen Ver­fol­gungswahn der Nazis fie­len etwa 500.000 Sin­ti und Roma aus ganz Europa zum Opfer. Allein in Auschwitz wur­den über 20.000 Ange­hörige der Min­der­heit sys­tem­a­tisch ermordet.

Dem Antiziganismus überall entgegentreten! Erfolgreiche Schulprojekttage in Eberstadt

Darm­stadt, 2. Novem­ber 2018

Der Hes­sis­che Lan­desver­band der deutschen Sin­ti und Roma ist sehr zufrieden mit dem Ver­lauf der Schul­pro­jek­t­tage gegen Antizigan­is­mus im Okto­ber 2018 an der Guten­bergschule in Eber­stadt. Ein Bünd­nis zwis­chen der Gesamtschule, der AG Kinder und Jugend Eber­stadt, der mobilen Prax­is, der Wis­senschaftsstadt Darm­stadt und dem Lan­desver­band hat gemein­sam die Ausstel­lung „Der Weg der Sin­ti und Roma“ an die Guten­bergschule geholt und Schüler*innen zu Guides aus­ge­bildet, die selb­st­ständig ihre Mitschüler*innen über Antizigan­is­mus aufgek­lärt haben. Bere­its im Sep­tem­ber hat das Bünd­nis einen ganztägi­gen Work­shop für Multiplikator*innen in der Jugend­bil­dung zum The­ma Antizigan­is­mus in Eber­stadt durchge­führt.

„Das große Engage­ment aller Beteiligten hat zum Ergeb­nis geführt, dass in Eber­stadt das The­ma Antizigan­is­mus in der Gesellschaft stärk­er auf die Tage­sor­d­nung gerückt ist. Die Schul­pro­jek­t­tage haben Sig­nal­wirkung auch über den Süden Darm­stadt hin­aus und einen wichti­gen Vor­bild­charak­ter. Beson­ders der Schulleitung und den engagierten Lehrer*innen der Guten­bergschule gilt daher unser Dank“, erk­lärt Rinal­do Strauß vom Lan­desver­band.

In der Berichter­stat­tung der Presse war von antizigan­is­tis­chen Diskri­m­inierungs­fällen in der Ver­gan­gen­heit an der Guten­bergschule zu lesen. „Als Lan­desver­band nehmen wir alle Berichte über Diskri­m­inierung sehr ernst und unter­stützen die Betrof­fe­nen in ihrem Sinne. Es darf nicht über die Köpfe der Betrof­fe­nen hin­weg gehan­delt wer­den und wir wer­den allen Vor­wür­fen mit der gebote­nen Pro­fes­sion­al­ität nachge­hen“, erk­lärt Rinal­do Strauß weit­er. „Zu der Berichter­stat­tung möchte ich aber auch fes­thal­ten, dass Antizigan­is­mus ein all­ge­gen­wär­tiges Prob­lem in allen gesellschaftlichen Bere­ichen ist und nicht nur an ein­er Schule vorhan­den ist.  Unge­fähr die Hälfte der Bevölkerung äußert aktuell antizigan­is­tis­che Ressen­ti­ments in Mei­n­ung­sum­fra­gen. Wer sich dafür ein­set­zt, Ras­sis­mus und Diskri­m­inierung zu the­ma­tisieren und damit zurück­drängt, gebührt Respekt und Anerken­nung für sein Engage­ment“, erk­lärt Rinal­do Strauß abschließend.

Mit Bildung und Musik gegen Vorurteile

PRESSEERKLÄRUNG des Ver­bands Deutsch­er Sin­ti und Roma — Lan­desver­band Hes­sen zum Zweit­en inter­na­tionalen Sin­ti und Roma Kul­tur- und Musik­fes­ti­val

Darm­stadt und Wies­baden, 4. Sep­tem­ber 2018

Am 15. und 16. Sep­tem­ber 2018 find­et das Zweite inter­na­tionale Sin­ti und Roma Kul­tur- und Musik­fes­ti­val im Jus­tus-Liebig-Haus in Darm­stadt statt, das vom Hes­sis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten Volk­er Bouffi­er eröffnet wird.

Das Fes­ti­val ste­ht in Tra­di­tion des Musik­fes­ti­vals von 1979 in Darm­stadt. Mit Musik, Geschichte und Poli­tik bietet es ein vielfältiges Pro­gramm zum kul­turellen und poli­tis­chen Aus­tausch.

„Wir freuen uns sehr, dass wir es geschafft haben, das Fes­ti­val in Darm­stadt zu real­isieren“, erk­lärte heute Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Ver­ban­des Deutsch­er Sin­ti und Roma ‑Lan­desver­band Hes­sen. „Darm­stadt war und ist ein wichtiger Ort für die Bürg­er­rechts­be­we­gung der deutschen Sin­ti und Roma. Das Musik­fes­ti­val von 1979 war ein Zeug­nis davon. Es ist uns eine Ehre, daran anknüpfen zu kön­nen!“

Min­is­ter­präsi­dent Volk­er Bouffi­er sagte heute in Wies­baden: „Ver­anstal­tun­gen wie diese bieten eine her­vor­ra­gende Möglichkeit, mehr über die reiche Kul­tur der Sin­ti und Roma zu erfahren und einen Teil ihres vielfälti­gen kul­turellen Erbes unmit­tel­bar zu erleben. Sin­ti und Roma sind seit gut sechs Jahrhun­derten Teil fast aller europäis­chen Gesellschaften. Fast eben­so lange wur­den sie aus­ge­gren­zt und diskri­m­iniert. Der trau­rige Höhep­unkt der Geschichte ihrer Ver­fol­gung ist die Ermor­dung von 500.000 Sin­ti und Roma während der Herrschaft der Nation­al­sozial­is­ten. Aus dieser Ver­gan­gen­heit erwächst unsere gemein­same Ver­ant­wor­tung für die Zukun­ft, uns mit aller Kraft gegen jede Form von Extrem­is­mus, Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Antizigan­is­mus einzuset­zen. Mit­tler­weile wur­den in eini­gen Län­dern Rah­men­vere­in­barun­gen unterze­ich­net, um die Anerken­nung und Teil­habe der Sin­ti und Roma konkret zu unter­stützen. In Hes­sen haben wir vor einem Jahr unsere bish­er beste­hende Rah­men­vere­in­barung in einen Staatsver­trag über­führt. Damit zeigen wir, dass wir entschlossen gegen Ras­sis­mus und Diskri­m­inierung kämpfen und dass wir das schreck­liche Leid der Sin­ti und Roma nicht vergessen wer­den.“

Das ganze Woch­enende über ist für Besuch­er und Pas­san­ten die mobile Ausstel­lung des Lan­desver­ban­des „Der Weg der Sin­ti und Roma“ im Ein­gangs­bere­ich des Jus­tus-Liebig-Haus­es frei zugänglich. Diese informiert über die Geschichte der Sin­ti und Roma im deutschsprachi­gen Raum von ihrer Ankun­ft im 15. Jahrhun­dert bis heute.

Nach der Eröff­nung des Fes­ti­vals durch den Min­is­ter­präsi­den­ten, die Wis­senschaftsstadt Darm­stadt sowie den Lan­desver­band führt am Sam­stag der Autor Dr. Udo Eng­bring-Romang durch die von ihm erstellte Ausstel­lung.

Am Son­ntag wird der Fokus auf poli­tis­che The­men gelegt und der Film „Kampf um Anerken­nung – Vier Jahrzehnte Bürg­er­recht­sar­beit des Lan­desver­ban­des Hes­sen“ gezeigt.

„Seit dem Anfang der Bürg­er­rechts­be­we­gung Anfang der 1980er Jahre ist einiges erre­icht wor­den“, betonte Adam Strauß. „Den­noch beste­hen auch weit­er­hin noch zahlre­iche Bere­iche, in denen sich etwas bewe­gen und verän­dern muss, ins­beson­dere in den Bere­ichen Bil­dung, Woh­nungs­markt und gesellschaftlich­er Anerken­nung. Mit dem Staatsver­trag, welchen das Land Hes­sen und der Hes­sis­che Lan­desver­band am 6. Sep­tem­ber 2017 unterze­ich­net haben, sehen wir uns aber auf einem guten Weg.“

An den Film schließt die poli­tis­che Podi­ums­diskus­sion an. Es disku­tieren zur Sit­u­a­tion der Min­der­heit heute und Möglichkeit­en der Verbesserung:

  • Nor­bert Kart­mann, Präsi­dent des Hes­sis­chen Land­tags
  • Thorsten Schäfer-Güm­bel, Lan­des- und Frak­tionsvor­sitzen­der der SPD Hes­sen
  • Romeo Franz, EU-Abge­ord­neter von Bünd­nis 90 / Die Grü­nen und selb­st Ange­höriger der Min­der­heit
  • Judith Šołćina/Scholze, Lei­t­erin des Min­der­heit­ensekre­tari­ats in Deutsch­land
  • Dr. Frank Reuter, wis­senschaftlich­er Geschäfts­führer der Forschungsstelle Antizigan­is­mus an der Uni­ver­sität Hei­del­berg
  • Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Lan­desver­ban­des
  • Mod­er­a­tion: Cor­nelia Wilß, Jour­nal­istin

An bei­den Aben­den spie­len inter­na­tionale Musik­er der Min­der­heit. Für Abwech­slung ist gesorgt: Von Klavier‑, Vio­li­nen- oder Gitar­ren­in­ter­pre­ta­tio­nen bekan­nter Stücke aus Klas­sik, Jazz und Film­musik bis hin zu Swing, Jazz, Pop und Bossa Nova ist alles dabei. Das am Sam­stagabend spie­lende Sam­son Schmitt Ensem­ble wurde nicht zulet­zt durch seine Musik zu dem Film „Djan­go – ein Leben für die Musik“ von 2017 inter­na­tion­al bekan­nt.

Für das leib­liche Wohl sorgt das lokale Cater­ing Unternehmen „Meis­ter Schmack­es“.

Rassismus und Antiziganismus müssen weiterhin bekämpft werden!

Zum Geburtstag von Anna Mettbach

Darmstadt, 26.01.2018

Die Gießen­er Sin­tez­za und Holo­caust-Über­lebende Anna Met­tbach wäre am heuti­gen Fre­itag 92 Jahre alt gewor­den. Sie hat die Konzen­tra­tions- und Ver­nich­tungslager Auschwitz und Ravens­brück über­lebt und musste für Siemens Zwangsar­beit leis­ten. Nach dem Krieg erlebte sie wie die meis­ten Sin­ti und Roma fort­ge­set­zte Diskri­m­inierung. So lehnte etwa ihre Krankenkasse die Kostenüber­nahme für die Ent­fer­nung der in Auschwitz ein­tä­towierten Häftlingsnum­mer mit der Begrün­dung ab, es würde sich um eine Schön­heit­sop­er­a­tion han­deln.

Viele Jahre lang schwieg Anna Met­tbach öffentlich zu ihrem Ver­fol­gungss­chick­sal. Erst als im Zuge der Wiedervere­ini­gung Anfang der Neun­ziger Pogrome und Mor­dan­schläge auf Asyl­be­wer­ber verübt wur­den, begann sie damit, von ihrer Lei­dens­geschichte in Schulk­lassen zu erzählen. In Zusam­me­nar­beit mit dem Lan­desver­band hat sie in vie­len Hes­sis­chen Schulen als Zeitzeu­g­in berichtet. Für ihre uner­müdliche Arbeit gegen Ras­sis­mus und Men­schen­feindlichkeit ist sie mit der Hed­wig-Burkheim-Medaille der Uni­ver­sitätsstadt Gießen und mit dem Bun­desver­di­en­stkreuz aus­geze­ich­net wor­den. Anna Met­tbach ver­starb am 24. Novem­ber 2015 in Gießen.

„Anna Met­tbach hat sich in her­aus­ra­gen­der Weise als Bürg­er­recht­lerin ver­di­ent gemacht. Ihrem Ein­satz ist zu ver­danken, dass das Schick­sal unser­er Men­schen – Ver­fol­gung und Ermor­dung im Nation­al­sozial­is­mus und Igno­ranz und Ablehnung in der Nachkriegs­ge­sellschaft – stärk­er ins öffentliche Bewusst­sein gerückt ist“, erk­lärt der Lan­desvor­sitzende Adam Strauß. „Noch immer wer­den Sin­ti und Roma oft­mals als Bürg­er zweit­er Klasse behan­delt – die jahrhun­derteal­ten Vorurteile wirken nach wie vor. Hier bedarf es weit­er­hin ein­er ver­stärk­ten staatlichen Ver­ant­wor­tung ein­er­seits und ein­er couragierten Zivilge­sellschaft ander­er­seits, um Ras­sis­mus, Antizigan­is­mus und Anti­semitismus flächen­deck­end zu bekämpfen“, so Adam Strauß abschließend.

Auf­grund der großen Ver­di­en­ste Anna Met­tbachs wird der Lan­desver­band das geplante Zen­trum gegen Antizigan­is­mus mit Dauer­ausstel­lung in Darm­stadt nach ihr benen­nen.

Der Kün­stler Markus Man­tel hat ein Bild gemalt, nach­dem er das Buch „Wer wird die näch­ste sein? Die Lei­dens­geschichte ein­er Sin­tez­za, die Auschwitz über­lebte“ von Anna Met­tbach und Josef Behringer gele­sen hat­te. Zu diesem Gemälde hat der Lan­desver­band nun einen kurzen Film pro­duzieren lassen, den Sie hier betra­cht­en kön­nen.

Für Rück­fra­gen erre­ichen Sie unser Büro unter 06151 377740.

Hessen stärkt den Minderheitenschutz

Zum Staatsvertrag zwischen dem Land Hessen und dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma

Wiesbaden und Darmstadt, 22.11.2017

Bild: Hes­sis­che Staatskan­zlei

Am heuti­gen Mittwoch hat der Hes­sis­che Land­tag erst­mals einen Staatsver­trag mit dem Lan­desver­band beschlossen. Hes­sen fol­gt damit als drittes Bun­des­land auf Schleswig-Hol­stein, wo die nationale Min­der­heit Deutsch­er Sin­ti und Roma seit 2012 Ver­fas­sungsrang besitzt, und auf Baden-Würt­tem­berg, dessen Land­tag 2013 einen Staatsver­trag mit dem Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma Baden-Würt­tem­berg abgeschlossen hat.

Der Staatsver­trag bein­hal­tet auch die Ein­rich­tung eines gemein­samen Gremi­ums zwis­chen Lan­desregierung und Ver­band, dessen Auf­gaben die regelmäßige Evaluierung der Umset­zung der Ziele des Staatsver­trags und der Aus­tausch über aktuelle Fragestel­lun­gen der Min­der­heit und der Mehrheit sind.

„Wir bedanken uns beim Land Hes­sen, dass es heute zur Unterze­ich­nung des Staatsver­trages kommt, für den wir lange Zeit gekämpft haben. Er bedeutet für uns eine Sicher­heit, dass wir unsere wichtige Arbeit uneingeschränkt fort­führen kön­nen, ger­ade in der heuti­gen Zeit, in der der Recht­spop­ulis­mus in unserem Land wieder an Zulauf gewon­nen hat”, erk­lärte Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Lan­desver­ban­des, bere­its am 6. Sep­tem­ber anlässlich der Ver­trag­sun­terze­ich­nung in Wies­baden.

Wer Gerechtigkeit fordert, wird verklagt

Zur Abschiebung aus dem Landratsamt in Friedberg

Darmstadt, 24.03.2017

Vor etwa drei Wochen wurde ein junger Mann mit alban­is­ch­er Staat­sange­hörigkeit, der der Roma-Min­der­heit ange­hört, trotz schw­er­er Erkrankung und unter skan­dalösen Umstän­den in das Koso­vo abgeschoben. Der unter ein­er schw­eren post­trau­ma­tis­chen Belas­tungsstörung lei­dende Mann, der sich seit Jan­u­ar im Uni­ver­sität­sklinikum zur Behand­lung befand, war unter Vor­spiegelung falsch­er Ver­sprechun­gen in das Lan­drat­samt Fried­berg gelockt und von dort aus inhaftiert und direkt abgeschoben wor­den. Laut der Sozialar­bei­t­erin, die ihn zu dem Ter­min begleit­ete, war ihrem Klien­ten im Vor­feld gesagt wor­den, er müsse zur Kostenüber­nahme für die Klinik und ein Taschen­geld per­sön­lich erscheinen.

Ken­nt­nis von diesem unglaublichen Vor­gang, bei dem eine Behörde einen suizidge­fährde­ten Mann belügt, um ihn anschließend sein­er Frei­heit zu berauben, hat die Öffentlichkeit erst durch das couragierte Auftreten des Leit­ers der Psy­chi­a­trischen Klink des Gießen­er Uni-Klinikums Prof. Bernd Gall­hofer erlangt. Diesen wiederum hat nun der Wet­ter­aukreis in größerem Stil verk­lagt. Der Kreis wirft dem Psy­chi­ater unter anderem vor, seine Schweigepflicht gebrochen und Behand­lungskosten in Rech­nung gestellt zu haben. „Die Anzeige lässt sich auch so ver­ste­hen, dass hier ein Kri­tik­er mund­tot gemacht wer­den soll. So ver­standen wirft dieses Ver­hal­ten alles andere als ein gutes Licht auf die Ver­wal­tung des Wet­ter­aukreis­es“ betont Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Lan­desver­ban­des deutsch­er Sin­ti und Roma. „Es darf nicht sein, dass Behör­den in unserem Land Men­schen belü­gen. Eine Abschiebung unter solchen Umstän­den kann wohl kaum als recht­ens beze­ich­net wer­den. Ich fordere daher das zuständi­ge Regierung­sprä­sid­i­um Darm­stadt auf, eine gründliche Unter­suchung dieses Fall­es in die Wege zu leit­en. Auch per­son­elle Kon­se­quen­zen müssen in diesem schein­bar schw­eren Fall von Behör­den­ver­sagen erwogen wer­den“ erk­lärt Adam Strauß abschließend.

39 Personen und eine Dusche

Das politische Elend in Frankfurt am Main

Darmstadt, 01.03.2017

Dutzende Per­so­n­en sind seit ein­er Woche von der Frank­furter Stadtver­wal­tung in drei kleinen Räu­men unterge­bracht wor­den und dar­ben dort zur Zeit ohne Ver­sorgung vor sich hin. Während der vor­ange­gan­genen Räu­mung der not­dürftig errichteten kleinen Hüt­ten auf ein­er Indus­triebrache im Gut­leutvier­tel wurde ihr spär­lich­er Besitz, darunter auch Lebens­mit­tel, zer­stört oder ein­ge­lagert und den Men­schen aktuell voren­thal­ten. Für 39 Frauen und Män­ner gibt es nur eine einzige Dusche. Obwohl sich in unmit­tel­bar­er Nähe der Unter­bringung die Küche ein­er Flüchtling­sun­terkun­ft befind­et, darf diese derzeit nicht von den notlei­den­den Men­schen genutzt wer­den. Auch der Besuch durch Unter­stützer wurde ver­boten.

„Die Stadt Frank­furt und die ver­ant­wortliche Sozialdez­er­nentin führen hier bewusst eine Sit­u­a­tion des Elends her­bei, die entwürdi­gend, gesund­heitss­chädlich und let­ztlich lebens­ge­fährlich für die Betrof­fe­nen ist“, erk­lärt Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Ver­band deutsch­er Sin­ti und Roma, Lan­desver­band Hes­sen. „Über die Gründe eines solch­es men­schen­ver­ach­t­en­den Ver­hal­tens kann ich derzeit nur spekulieren. Möglicher­weise herrscht der Glaube vor, wenn man den Men­schen den Aufen­thalt hierzu­lande nur unerträglich genug mache, wer­den sie in ihre Herkun­ft­slän­der zurück­kehren. In diesen sehen sich Ange­hörige der Roma-Min­der­heit aber rasis­stis­ch­er Diskri­m­inierung und Ver­fol­gung bis hin zum Mord aus­ge­set­zt; schlim­mer als dort kann es hier also gar­nicht sein. Anstatt die bru­tale Spi­rale der Gewalt und des Elends weit­er zu befördern, fordere ich die Frank­furter Stadtver­wal­tung auf, men­schen­rechtliche Stan­dards auch im Umgang mit Men­schen mit Roma-Hin­ter­grund einzuhal­ten und endlich das Leid der Betrof­fe­nen anzuerken­nen und abzu­mildern.“

Brandanschlag auf obdachlose Menschen
in Frankfurt

Darmstadt, 21.12.2016

Am 2. Dezem­ber wurde unter ein­er Brücke der Rosa-Lux­em­burg-Straße in Frank­furt am Main eine Schlaf­stätte von Obdachlosen aus Rumänien, die ver­mut­lich auch Roma sind, angezün­det. Dieser Bran­dan­schlag ist wahrschein­lich bere­its der zweite inner­halb kurz­er Zeit in Frank­furt am Main, der sich gegen Roma richtet. Im Sep­tem­ber kam es in Frank­furt-Fechen­heim an einem Haus, das von Roma bewohnt wurde, zu ein­er Brand­s­tiftung.

„Die von Poli­tik­ern und Jour­nal­is­ten geschürte Het­ze gegen soge­nan­nte Armutsflüchtlinge führt nicht nur zu Vere­len­dung und ver­stärk­ter Diskri­m­inierung von Men­schen, die ohne­hin an den Rand der Gesellschaft gedrängt wor­den sind“, sagt Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Lan­desver­bands. „Sie schafft auch ein Kli­ma, dass ras­sis­tis­che Tat­en bis hin zu Mor­dan­schlä­gen begün­stigt.“

„Alle europäis­chen Roma und Sin­ti sind von den Nation­al­sozial­is­ten aus ras­sis­tis­chen Grün­den – vom Kleinkind bis zum Greis – ver­fol­gt wor­den. Eine halbe Mil­lion unser­er Men­schen sind sys­tem­a­tisch in den 40er Jahren ermordet wor­den. Wie Nachkom­men der Ver­fol­gten heute zum Teil behan­delt wer­den, ist an geschichtlich­er Ver­ant­wor­tungslosigkeit und Ungerechtigkeit kaum zu über­bi­eten“, erk­lärt Adam Strauß abschließend.

Frankfurter Sozialpolitik?

Darmstadt, 21.10.2016

Die Behand­lung der obdachlosen Roma durch Stadt und Bürg­er ist geschichtsvergessen und unmen­schlich

Seit Wochen sah sich eine Gruppe obdach­los gewor­den­er rumänis­ch­er Roma dazu gezwun­gen, im Freien vor der Frank­furter Weißfrauenkirche unter men­sche­nun­würdi­gen Bedin­gun­gen zu über­nacht­en. Die ohne­hin große Not der Men­schen wurde dadurch noch ver­stärkt, dass Anwohn­er und Pas­san­ten die Men­schen ver­bal und auch kör­per­lich angrif­f­en; unter anderem sollen Per­so­n­en Eier auf die obdachlosen Men­schen gewor­fen haben.

Die Betrof­fe­nen gehören den Roma an und sind damit Nachkom­men der Über­leben­den des nation­al­sozial­is­tis­chen Völk­er­mords an den Sin­ti und Roma. In ganz Europa wur­den zur Naz­izeit Sin­ti und Roma entrechtet, deportiert und ver­fol­gt. Geschätzte 500.000 Men­schen wur­den – vom Kleinkind bis zum Greis – von deutschen Sol­dat­en und SS sowie ver­bün­de­teter mil­itärisch­er Ver­bände ermordet. Wie der Völk­er­mord an den Juden geht dem Völk­er­mord an den europäis­chen Sin­ti und Roma eine jahrhun­derte­lange Vorgeschichte der Aus­gren­zung, Diskri­m­inierung und Ver­fol­gung voran. Auf Sin­ti und Roma sind über Jahrhun­derte “Zige­uner­bilder” pro­jeziert wor­den. Auch heute stellen diese Vorurteile und Stereo­type Sin­ti und Roma gegenüber, wis­senschaftlich als “Antizigan­is­mus” beze­ich­net, die am weitesten ver­bre­it­ete grup­pen­be­zo­gene Men­schen­feindlichkeit in Deutsch­land und Europa dar. Mas­sive Diskri­m­inierun­gen, in Osteu­ropa bis hin zu Ver­fol­gung und Mord, sind die Folge.

“Dass die Stadt Frank­furt die B‑Ebene der Hauptwache als Sozial­woh­nung für die in ihrem Heimat­land an den Rand der Gesellschaft gedrängten und auch hier in Frank­furt attack­ierten Men­schen betra­chtet, ist ein poli­tis­ches Armut­szeug­nis” erk­lärt Adam Strauß, Vor­sitzen­der des Lan­desver­bands und ergänzt: “Dass es nun ein Pri­vat­mann ist, der sich der Men­schen annimmt, zeugt von dessen Mit­ge­fühl und Men­schen­liebe. Es zeigt aber auch, wie sehr die Stadt ihre Pflicht gegenüber Hil­fs­bedürfti­gen ver­nach­läs­sigt.”

“Zuwan­dernde Roma wer­den von der Poli­tik in der jahrhun­derteal­ten ras­sis­tis­chen Tra­di­tion weit­er­hin als Sicher­heit­sprob­lem wahrgenom­men. Es schmerzt mich, dass die soziale Kälte und die Geschichtsvergessen­heit so groß ist, dass bedürftige Men­schen von der Frank­furter Bürg­er­schaft nicht unter­stützt, son­dern ange­grif­f­en wer­den”, so Adam Strauß abschließend.

3. Darmstädter Tagung gegen Antiziganismus

Darmstadt, 30. November 2015

Gemein­same Pressemit­teilung der Wis­senschaftsstadt Darm­stadt und des Ver­bands Deutsch­er Sin­ti und Roma Hes­sen

Ober­bürg­er­meis­ter Jochen Partsch eröffnet 3. Darm­städter Tagung gegen Antizigan­is­mus am 8. Dezem­ber zum The­ma „Bilder und Vorurteile als Grund­lage für Aus­gren­zun­gen und Ver­fol­gun­gen von Sin­ti und Roma“

Denkmal zur Erin­nerung an die Depor­ta­tion der Darm­städter Sin­ti nach Auschwitz vor dem Jus­tus-Liebig-Haus. © Wis­senschaftsstadt Darmstadt/ Eva Bre­dow-Cordier

Vor weni­gen Tagen haben Unbekan­nte das 2012 in Berlin errichtete Denkmal für die von den Nation­al­sozial­is­ten ver­fol­gten und ermorde­ten Sin­ti und Roma geschän­det, indem sie ein Hak­enkreuz und das Wort „Ver­gasen“ am Ein­gangs­bere­ich anbracht­en. Auch das Darm­städter Denkmal Denkze­ichen Güter­bahn­hof, das an die Depor­ta­tion der Darm­städter Juden und Sin­ti erin­nert, wurde in den ver­gan­genen Jahren bere­its zweimal mutwillig beschädigt.

 

„Diese Vor­fälle – wie auch die anhal­tende Het­ze auf Pegi­da-Demon­stra­tio­nen gegen soge­nan­nte Armutsflüchtlinge – zeigen den weit­er­hin grassieren­den Ras­sis­mus gegen Sin­ti und Roma in unser­er Gesellschaft. In Darm­stadt dür­fen wir Diskri­m­inierung und Aus­gren­zung nicht zulassen“, erk­lärt Ober­bürg­er­meis­ter Jochen Partsch.

„Der Antizigan­is­mus ist die am weitesten ver­bre­it­ete grup­pen­be­zo­gene Men­schen­feindlichkeit in unser­er Gesellschaft. Um die jahrhun­derteal­ten „Zige­uner­bilder“ als Vorurteile zu ent­lar­ven und ein men­schlich­es Miteinan­der zwis­chen den oft­mals seit vie­len Jahrhun­derten hier behei­mateten Sin­ti und Roma und der Mehrheits­ge­sellschaft zu ermöglichen, ist und bleibt Aufk­lärungsar­beit drin­gend nötig“ ergänzt Rinal­do Strauß vom Hes­sis­chen Lan­desver­band der deutschen Sin­ti und Roma.
Vor diesem Hin­ter­grund ver­anstal­tet der Ver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma (Lan­desver­band Hes­sen) am 8. Dezem­ber ab 10 Uhr die dritte Darm­städter Tagung gegen Antizigan­is­mus im Jus­tus-Liebig-Haus, Große Bach­gasse 2, die vom Darm­städter Ober­bürg­er­meis­ter Jochen Partsch eröffnet wer­den wird. Koop­er­a­tionspart­ner ist die Studieren­den­vertre­tung (AStA) der TU Darm­stadt. Alle Inter­essierten sind her­zlich ein­ge­laden.
Neben der Vorstel­lung der neuen mobilen Ausstel­lung des Ver­bands, die sich in erster Lin­ie an Bil­dungsin­sti­tu­tio­nen richtet, ste­hen Work­shops mit Antizigan­is­mus-Forscherin­nen – und Forsch­ern sowie eine Podi­ums­diskus­sion mit Vertreterin­nen und Vertretern der Land­tags­frak­tio­nen und Bürg­er­rechtlern auf dem Pro­gramm.

Pro­gramm als pdf-Datei

Antiziganismus bekämpfen – im Sport und überall

Darmstadt, 2. Juli 2015

Am 25. Mai skandierten Spiel­er des Sportvere­ins Darm­stadt 98 während der zen­tralen Auf­stiegs­feier auf der Bühne am Karo­li­nen­platz mehrfach „Schus­ter, Du Zige­uner“. Eine Videoauf­nahme dessen wurde vom Radiosender FFH ins Inter­net unter dem Titel „Darm­stadt 98 Jubel auf der Feier­bühne“ hochge­laden und tausend­fach ange­se­hen und disku­tiert. Nach eini­gen Tagen wurde das Video vom Sender kom­men­tar­los gelöscht.

Der seit über dreißig Jahren in Darm­stadt ansäs­sige Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma ist zunächst durch engagierte Mit­bürg­er, später auch durch Pressean­fra­gen von dem Vor­fall informiert wor­den. Der Ver­band hat daraufhin den Sportvere­in kon­tak­tiert und kon­nte am 24. Juni ein per­sön­lich­es Gespräch mit dem Vizepräsi­den­ten des Vere­ins Markus Pfitzn­er führen.

Vom Ver­hal­ten dieser Spiel­er waren wir entset­zt. Daher haben wir sofort das Gespräch mit den Ver­ant­wortlichen im Vere­in gesucht“, erk­lärt Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Ver­bands. „Das Gespräch mit Her­rn Pfitzn­er war von gegen­seit­igem Respekt und Ver­ständ­nis geprägt. Er hat sich uns gegenüber im Namen des Vere­ins entschuldigt und wir haben auch gemein­sam zukün­ftige Koop­er­a­tions­möglichkeit­en erörtert. Den­noch wür­den wir uns weit­er­hin auch eine öffentliche Dis­tanzierung des Vere­ins wün­schen. Schließlich hat der Fuss­ball ins­beson­dere der Jugend gegenüber eine Vor­bild­funk­tion“, so Rinal­do Strauß weit­er. „Selb­stver­ständlich ist aber der Antizigan­is­mus – der Ras­sis­mus unseren Men­schen gegenüber – kein exk­lu­sives Prob­lem des Darm­städter Sportvere­ins, son­dern ein gesamt­ge­sellschaftlich­es Prob­lem, das sich dann in solchen Vor­fällen zeigt. Der Grund dafür sind Unwis­senheit und Vorurteilsstruk­turen. Daher ist Aufk­lärungsar­beit so drin­gend nötig. Wir freuen uns darüber, dass der Vizepräsi­dent des Vere­ins daran großes Inter­esse gezeigt hat und wer­den uns weit­er­hin über Möglichkeit­en der Zusam­me­nar­beit aus­tauschen“, so Rinal­do Strauß abschließend.

Gräber von NS-verfolgten Sinti und Roma-Familien erhalten und gesetzlich schützen

Presseinformation vom 17. Juni 2015

Adam Strauß (Foto: Frankfurter Rundschau)
Adam Strauß (Foto: Frank­furter Rund­schau)

Termin beim Bundesrat am 19. Juni 2015 um 14:30 Uhr

Sin­ti- und Roma-Fam­i­lien ste­hen über­all in Deutsch­land zunehmend vor dem Prob­lem, dass die Grab­stät­ten ihrer Ange­höri­gen, zu denen die ver­stor­be­nen Über­leben­den des Holo­caust gehören, auf­grund abge­laufen­er Fris­ten (Ruhezeit­en) nach den üblichen Fried­hof­sor­d­nun­gen endgültig beseit­igt wer­den. Der Zen­tral­rat Deutsch­er Sin­ti und Roma mit seinen angeschlosse­nen Lan­desver­bän­den fordert schon seit län­gerem vom Bund und von den Län­dern eine geset­zliche Regelung in Form ein­er „ewigen Ruhe“.

Adam Strauß, der Vor­sitzende des Lan­desver­bands Hes­sen, wird am kom­menden Fre­itag bei dem Gespräch im Bun­desrat, unter Leitung des Hes­sis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten Volk­er Bouffi­er, dabei sein.

Der Lan­desvor­sitzende Adam Strauß ste­ht nach Ende des Gesprächs am 19. Juni 2015 um 14:30 vor dem Bun­desrat, Leipziger Straße 3–4, in Berlin für Fra­gen der Jour­nal­is­ten zur Ver­fü­gung.

Der Ver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma, Lan­desver­band Hes­sen hat mit der Hes­sis­chen Lan­desregierung schon im März 2014 eine Rah­men­vere­in­barung geschlossen, die in Artikel 10 festschreibt:„Die Hes­sis­che Lan­desregierung appel­liert vor dem Hin­der­grund der Ver­fol­gungs­maß­nah­men und des Völk­er­mords an den Sin­ti und Roma an die Fried­hof­sträger, Rück­sicht auf die beson­deren Belange der betrof­fe­nen Fam­i­lien zu nehmen, ins­beson­dere im Hin­blick auf die Zulas­sung der Bestat­tung in Grüften. Hin­sichtlich der in Zukun­ft ablaufend­en Ruhe­fris­ten, sucht die Lan­desregierung in Zusam­me­nar­beit mit dem Lan­desver­band nach ein­er Lösung, die dem Charak­ter der Gräber als Stät­ten der his­torischen Erin­nerung entspricht.“

Etwa 320 Gräber in Hes­sen sind uns bekan­nt. Die Erhal­tung dieser Grab­stät­ten ist für die Men­schen der nationalen Min­der­heit deutsch­er Sin­ti und Roma Teil ihrer kul­turellen Iden­tität; sie kön­nen hier auch der Ver­stor­be­nen des Völk­er­mords, für die es keine Gräber gibt, gedenken. Bish­er haben nur die Städte Hanau und Mar­burg für diese Grab­stät­ten von NS-Über­leben­den Sin­ti und Roma auf ihren Fried­höfen ein „ewiges Ruherecht“ in ihren Fried­hof­s­satzun­gen ver­ankert.

Vor dem Hin­ter­grund der Zusagen von Bun­des­fam­i­lien­min­is­terin Manuela Schwe­sig und Bun­desin­nen­min­is­ter Thomas de Maiz­ière, eine Ergänzung des „Geset­zes zu dem Rah­menübereinkom­men des Europarats zum Schutz nationaler Min­der­heit­en“ (BT-Druck­sache 13/6912) pos­i­tiv zu prüfen, soll der Bun­desrat in sein­er Sitzung am 19. Juni 2015 eine entsprechende Entschließung ver­ab­schieden.

Die Umset­zung der bun­desweit gel­tenden Regelung erfol­gt dann durch die jew­eili­gen Bun­deslän­der.

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