Gedenken zum 80. Jahrestag der Deportation der Wiesbadener Sinti
Gemeinsame Pressemitteilung der Stadt Wiesbaden und des Hessischen
Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma.
Am 8. März 2023 jährt sich die Deportation der Wiesbadener Sinti nach Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal. Anlässlich dieses Tags veranstaltet der Hessische Landesverband Deutscher Sinti und Roma gemeinsam mit der Stadt Wiesbaden eine Gedenkveranstaltung.
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende wird gemeinsam mit Rinaldo Strauß, stellvertretender Geschäftsführer des Hessischen Landesverband Deutscher Sinti und Roma, der deportierten Sinti am Mahnmal für die deportierten und ermordeten Wiesbadener Sinti und Roma in der Bahnhofstraße in Wiesbaden gedenken. Musikalisch eingerahmt wird das Gedenken von June Heilig an der Geige.
„Ohne den historisch gewachsenen Antiziganismus, der sich seit Jahrhunderten in der europäischen Gesellschaft verfestigt hatte, wäre der Völkermord an 500.000 Sinti und Roma nicht möglich gewesen“, sagt Rinaldo Strauß. „Viele rassistische Zerrbilder existieren bereits seit über 600 Jahren. Damit konnten die Nürnberger Rassegesetze von 1935 nahtlos an bestehende antiziganistische Denkweisen in weiten Teilen der Bevölkerung anknüpfen. Doch auch nach 1945 ist Rassismus und Antiziganismus nicht verschwunden. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist auch in unserer heutigen Gesellschaft präsent. Dies zeigt der rassistische Anschlag in Hanau 2020 auf traurige Weise. Der Slogan der Initiative 19. Februar „erinnern heißt verändern“ kann uns auch heute am 80. Jahrestag der Deportation der Wiesbadener Sinti ein Leitsatz sein. Denn nur wer die richtigen Schlüsse aus der Vergangenheit zieht, kann die Gegenwart verändern und die Zukunft gestalten.“
„Wir gedenken der Sinti, die Opfer des Holocaust geworden sind. Es ist unsere moralische Pflicht, an das Leiden der Menschen, die unter dem NS-Regime verfolgt wurden, zu erinnern. Seit 1992 steht in der Bahnhofstraße ein Mahnmal, das dauerhaft an die Deportation von Wiesbadener Sinti in das Konzentrationslager Auschwitz und an den Völkermord der Nazis an Sinti und Roma erinnert. Dieses Mahnmal soll ein deutliches Zeichen für Haltung und Rückgrat, Hinschauen und Einmischen, Mitgefühl und Solidarität sein. Diesem wichtigen Mahnmal ist mehr Wahrnehmung durch die Stadtgesellschaft zu wünschen“, sagt Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende. „Das Gedenken an die Deportation Wiesbadener Sinti im Jahr 1943 ist fester Bestandteil der Erinnerungskultur in unserer
Stadt“.
Am Vorabend, am Dienstag, 7. März, wird Dr. Karola Fings um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses in ihrem Vortrag die Verfolgungsgeschichte und den Völkermord an den Sinti und Roma in den Blick nehmen. Die Gedenkveranstaltung am Mittwoch, 8. März, findet um 15 Uhr am Mahnmal für die deportierten und ermordeten Sinti und Roma in der Bahnhofstraße statt. Alle Wiesbadenerinnen und Wiesbadener, sowie alle Interessierten sind herzlich eingeladen, mit ihrer Teilnahme an die Deportation und die Schrecken des Nationalsozialismus zu erinnern.
„Entschuldigung für diskriminierendes Verhalten“
Waldcampingplatz Bad Zwesten entschuldigt sich bei Familie
Am 11.08.2021, sechs Tage nachdem vier Familien vom Waldcampingplatz Bad Zwesten mit der Begründung, dass „Sinti und Roma auf diesem Campingplatz nicht erwünscht“ seien, des Platzes verwiesen wurden, erfolgte die schriftliche Entschuldigung seitens des Vorstandes des Campingclubs Kassel.
In dem Schreiben heißt es: „Wir entschuldigen uns aufrichtig für das Vorgefallene bei der Familie Unger und darüber hinaus auch bei Ihnen und bei den durch Sie repräsentierten Sinti und Roma!“ Darüber hinaus wurde der antiziganistische Vorstandsbeschluss unmittelbar aufgehoben und in Zukunft werde im Vorfeld geprüft, dass von Vorgaben und Weisungen keine diskriminierende Wirkung ausgehe.
„Für eine Entschuldigung bedarf es neben der Einsicht für das eigene Fehlverhalten auch der Aufrichtigkeit, das gegenüber den betroffenen Familien in aller Öffentlichkeit zuzugeben“, bemerkt Adam Strauß, der die Entschuldigung des Vorstandes sehr begrüßt.
Der Hessische Landesverband bedankt sich herzlich bei allen Mitstreiter*innen für die solidarische Unterstützung und blickt angesichts des erfahrenen Engagements hoffnungsvoll in die Zukunft. Eine funktionierende Demokratie braucht verlässliche Bündnispartner*innen, die sich für Gerechtigkeit und gegen Diskriminierung einsetzen.
„Hier werden jahrhundertealte Ausgrenzungen vollkommen unverhohlen fortgeführt“
Sinti und Roma auf Waldcampingplatz Bad Zwesten nicht erwünscht
Am 05.08.2021 um ca. 13 Uhr wurden vier Familien nach dem Aufbau ihrer Vorzelte von ihrem reservierten Platz auf dem Waldcampingplatz Bad Zwesten weggeschickt – mit der Begründung, dass „Sinti und Roma auf diesem Campingplatz nicht erwünscht“ seien. Die Familien mussten wieder zusammenpacken und sich spontan einen anderen Stellplatz suchen. Auf Rückfrage bestätigte ein Mitarbeiter des Campingplatzes dem Vorsitzenden des Hessischen Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma, Adam Strauß, dass der ausgesprochene Verweis gegen Sinti und Roma auf Entscheidung des gesamten Vorstandes erfolgt sei.
„Wir sind schockiert. Hier werden jahrhundertealte Ausgrenzungen vollkommen unverhohlen fortgeführt“, kritisiert Adam Strauß. Seit Jahrhunderten werden Sinti und Roma in Europa diskriminiert und verfolgt. Schon vor Jahrzehnten kämpfte der Landesverband dafür, dass die diskriminierenden Schilder, welche sogenannten ‚Landfahrern‘ den Zutritt zu Campingplätzen verboten, abgehängt werden und ein Umdenken stattfindet.
Dass auch heute noch Sinti und Roma nicht als zahlende Gäste willkommen geheißen, sondern vertrieben werden, ist nicht hinnehmbar und muss mit aller Deutlichkeit zurückgewiesen werden. „Zu was Antiziganismus, Rassismus und Antisemitismus auch heute noch führen kann, haben wir in Halle, Hanau, Kassel und München gesehen. Es liegt in unser aller Verantwortung jeglicher Diskriminierung entgegenzutreten und diese zu bekämpfen. Es ist ein Skandal und verstößt gegen das Grundgesetz, dass auch heute noch Menschen aus rassistischen Gründen der Zugang zu Räumen verwehrt wird“.
Der Hessische Landesverband fordert, dass diese antiziganistische und rassistische Ausgrenzung unverzüglich aufgehoben und sich in aller Öffentlichkeit für diese diskriminierende Anweisung entschuldigt wird.
Hessischer Verband Deutscher Sinti und Roma und Wissenschaftsstadt Darmstadt gedenken Völkermord am 2. August
Darmstadt den 30.7.2021
Hessischer Verband Deutscher Sinti und Roma und Wissenschaftsstadt Darmstadt gedenken Völkermord am 2. August / Bürgermeisterin Akdeniz: „Dieses düstere Kapitel deutscher Geschichte darf niemals vergessen werden – aus Respekt vor den Toten und ihren Familien und damit solche Grausamkeiten niemals wieder geschehen“
Die Wissenschaftsstadt Darmstadt und der Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen, gedenken am kommenden Montag, 2. August, des nationalsozialistischen Völkermords an Sinti und Roma. Barbara Akdeniz, Bürgermeisterin der Wissenschaftsstadt Darmstadt, und Adam Strauß, Vorsitzender des Hessischen Landesverbands Deutscher Sinti und Roma erinnern in digitalen Botschaften, die auf www.darmstadt.de und www.sinti-roma-hessen.de zu sehen sind, an den Völkermord. Zusätzlich legen Rinaldo Strauß als Vertreter des Hessischen Landesverbands Deutscher Sinti und Roma und Bürgermeisterin Barbara Akdeniz für die Wissenschaftsstadt Darmstadt um 11 Uhr am Darmstädter Mahnmal für die Opfer des Völkermords an Sinti und Roma Blumen nieder. Das Mahnmal befindet sich vor dem Justus-Liebig-Haus (Große Bachgasse/Ludwig-Metzger-Platz).
Bürgermeisterin Barbara Akdeniz dazu: „Der Völkermord an den Sinti und Roma ist ein weiteres düsteres Kapitel deutscher Geschichte, das niemals vergessen werden darf. Auch von Darmstadt aus, das Gedenkzeichen Güterbahnhof erinnert noch heute daran, wurden damals Menschen, Darmstädter Bürgerinnen und Bürger, in die Konzentrationslager der Nazis deportiert, um getötet, ja vernichtet, zu werden. Heute, am 2. August, gedenken wir dieses Völkermords, aus Respekt vor den Toten und ihren Familien, aber auch, um uns daran zu erinnern, dass es unsere Bürgerpflicht ist, wo wir nur können, spaltenden, ausgrenzenden, rassistischen Tendenzen in der Stadtgesellschaft entschieden entgegenzutreten, damit sich eine solche Grausamkeit niemals wiederholen kann.“
Adam Strauß stellt heraus, warum das Gedenken so wichtig ist und wie sich die Vernichtungspolitik der Nazis bis heute auswirkt: „Der 2. August ist der Gedenktag an den Völkermord an Sinti und Roma. Aber Völkermord – was heißt das? Für uns Sinti und Roma bedeutet Völkermord, dass jeder Angehörige der Minderheit hier in Europa in seiner eigenen Familie Opfer zu beklagen hat. Die Nazis haben es nicht geschafft, ihren Rassenwahn vollständig in die Tat umzusetzen, aber die Spuren dessen sind tief, sie sind tief in das Gedächtnis und die Herzen unserer Menschen eingeschrieben.“
Umso wichtiger sei es heute, die Geschichte nicht zu vergessen, gerade weil sie nicht einfach Geschichte ist, sondern bis heute nachwirkt. „Und wer diese Erfahrung einmal gemacht hat, dass Menschenleben nichts wert sind, ja dass einem das Menschsein abgesprochen wird, der vergisst das nicht. Wir alle dürfen das nicht vergessen! Dass es möglich ist, hat die Geschichte gezeigt. Dass es nicht wieder geschieht, dafür tragen wir alle die Verantwortung“, ergänzt Adam Strauß.
Hintergrund:
Der 2. August ist der europäische Gedenktag an den nationalsozialistischen Völkermord an Sinti und Roma, denn in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden die etwa 4.300 Sinti und Roma, die noch im sogenannten „Zigeunerlager“ in Auschwitz-Birkenau verblieben waren, ermordet. Vor allem Alte, Frauen und Kinder wurden in die Gaskammern getrieben – überleben sollte nur, wer von der SS als „arbeitsfähig“ eingestuft worden war.
Dem rassistischen Verfolgungswahn der Nazis fielen etwa 500.000 Sinti und Roma aus ganz Europa zum Opfer. Allein in Auschwitz wurden über 20.000 Angehörige der Minderheit systematisch ermordet.
Dem Antiziganismus überall entgegentreten! Erfolgreiche Schulprojekttage in Eberstadt
Darmstadt, 2. November 2018
Der Hessische Landesverband der deutschen Sinti und Roma ist sehr zufrieden mit dem Verlauf der Schulprojekttage gegen Antiziganismus im Oktober 2018 an der Gutenbergschule in Eberstadt. Ein Bündnis zwischen der Gesamtschule, der AG Kinder und Jugend Eberstadt, der mobilen Praxis, der Wissenschaftsstadt Darmstadt und dem Landesverband hat gemeinsam die Ausstellung „Der Weg der Sinti und Roma“ an die Gutenbergschule geholt und Schüler*innen zu Guides ausgebildet, die selbstständig ihre Mitschüler*innen über Antiziganismus aufgeklärt haben. Bereits im September hat das Bündnis einen ganztägigen Workshop für Multiplikator*innen in der Jugendbildung zum Thema Antiziganismus in Eberstadt durchgeführt.
„Das große Engagement aller Beteiligten hat zum Ergebnis geführt, dass in Eberstadt das Thema Antiziganismus in der Gesellschaft stärker auf die Tagesordnung gerückt ist. Die Schulprojekttage haben Signalwirkung auch über den Süden Darmstadt hinaus und einen wichtigen Vorbildcharakter. Besonders der Schulleitung und den engagierten Lehrer*innen der Gutenbergschule gilt daher unser Dank“, erklärt Rinaldo Strauß vom Landesverband.
In der Berichterstattung der Presse war von antiziganistischen Diskriminierungsfällen in der Vergangenheit an der Gutenbergschule zu lesen. „Als Landesverband nehmen wir alle Berichte über Diskriminierung sehr ernst und unterstützen die Betroffenen in ihrem Sinne. Es darf nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg gehandelt werden und wir werden allen Vorwürfen mit der gebotenen Professionalität nachgehen“, erklärt Rinaldo Strauß weiter. „Zu der Berichterstattung möchte ich aber auch festhalten, dass Antiziganismus ein allgegenwärtiges Problem in allen gesellschaftlichen Bereichen ist und nicht nur an einer Schule vorhanden ist. Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung äußert aktuell antiziganistische Ressentiments in Meinungsumfragen. Wer sich dafür einsetzt, Rassismus und Diskriminierung zu thematisieren und damit zurückdrängt, gebührt Respekt und Anerkennung für sein Engagement“, erklärt Rinaldo Strauß abschließend.
Mit Bildung und Musik gegen Vorurteile
PRESSEERKLÄRUNG des Verbands Deutscher Sinti und Roma — Landesverband Hessen zum Zweiten internationalen Sinti und Roma Kultur- und Musikfestival
Darmstadt und Wiesbaden, 4. September 2018
Am 15. und 16. September 2018 findet das Zweite internationale Sinti und Roma Kultur- und Musikfestival im Justus-Liebig-Haus in Darmstadt statt, das vom Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier eröffnet wird.
Das Festival steht in Tradition des Musikfestivals von 1979 in Darmstadt. Mit Musik, Geschichte und Politik bietet es ein vielfältiges Programm zum kulturellen und politischen Austausch.
„Wir freuen uns sehr, dass wir es geschafft haben, das Festival in Darmstadt zu realisieren“, erklärte heute Adam Strauß, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Sinti und Roma ‑Landesverband Hessen. „Darmstadt war und ist ein wichtiger Ort für die Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma. Das Musikfestival von 1979 war ein Zeugnis davon. Es ist uns eine Ehre, daran anknüpfen zu können!“
Ministerpräsident Volker Bouffier sagte heute in Wiesbaden: „Veranstaltungen wie diese bieten eine hervorragende Möglichkeit, mehr über die reiche Kultur der Sinti und Roma zu erfahren und einen Teil ihres vielfältigen kulturellen Erbes unmittelbar zu erleben. Sinti und Roma sind seit gut sechs Jahrhunderten Teil fast aller europäischen Gesellschaften. Fast ebenso lange wurden sie ausgegrenzt und diskriminiert. Der traurige Höhepunkt der Geschichte ihrer Verfolgung ist die Ermordung von 500.000 Sinti und Roma während der Herrschaft der Nationalsozialisten. Aus dieser Vergangenheit erwächst unsere gemeinsame Verantwortung für die Zukunft, uns mit aller Kraft gegen jede Form von Extremismus, Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus einzusetzen. Mittlerweile wurden in einigen Ländern Rahmenvereinbarungen unterzeichnet, um die Anerkennung und Teilhabe der Sinti und Roma konkret zu unterstützen. In Hessen haben wir vor einem Jahr unsere bisher bestehende Rahmenvereinbarung in einen Staatsvertrag überführt. Damit zeigen wir, dass wir entschlossen gegen Rassismus und Diskriminierung kämpfen und dass wir das schreckliche Leid der Sinti und Roma nicht vergessen werden.“
Das ganze Wochenende über ist für Besucher und Passanten die mobile Ausstellung des Landesverbandes „Der Weg der Sinti und Roma“ im Eingangsbereich des Justus-Liebig-Hauses frei zugänglich. Diese informiert über die Geschichte der Sinti und Roma im deutschsprachigen Raum von ihrer Ankunft im 15. Jahrhundert bis heute.
Nach der Eröffnung des Festivals durch den Ministerpräsidenten, die Wissenschaftsstadt Darmstadt sowie den Landesverband führt am Samstag der Autor Dr. Udo Engbring-Romang durch die von ihm erstellte Ausstellung.
Am Sonntag wird der Fokus auf politische Themen gelegt und der Film „Kampf um Anerkennung – Vier Jahrzehnte Bürgerrechtsarbeit des Landesverbandes Hessen“ gezeigt.
„Seit dem Anfang der Bürgerrechtsbewegung Anfang der 1980er Jahre ist einiges erreicht worden“, betonte Adam Strauß. „Dennoch bestehen auch weiterhin noch zahlreiche Bereiche, in denen sich etwas bewegen und verändern muss, insbesondere in den Bereichen Bildung, Wohnungsmarkt und gesellschaftlicher Anerkennung. Mit dem Staatsvertrag, welchen das Land Hessen und der Hessische Landesverband am 6. September 2017 unterzeichnet haben, sehen wir uns aber auf einem guten Weg.“
An den Film schließt die politische Podiumsdiskussion an. Es diskutieren zur Situation der Minderheit heute und Möglichkeiten der Verbesserung:
- Norbert Kartmann, Präsident des Hessischen Landtags
- Thorsten Schäfer-Gümbel, Landes- und Fraktionsvorsitzender der SPD Hessen
- Romeo Franz, EU-Abgeordneter von Bündnis 90 / Die Grünen und selbst Angehöriger der Minderheit
- Judith Šołćina/Scholze, Leiterin des Minderheitensekretariats in Deutschland
- Dr. Frank Reuter, wissenschaftlicher Geschäftsführer der Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg
- Adam Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes
- Moderation: Cornelia Wilß, Journalistin
An beiden Abenden spielen internationale Musiker der Minderheit. Für Abwechslung ist gesorgt: Von Klavier‑, Violinen- oder Gitarreninterpretationen bekannter Stücke aus Klassik, Jazz und Filmmusik bis hin zu Swing, Jazz, Pop und Bossa Nova ist alles dabei. Das am Samstagabend spielende Samson Schmitt Ensemble wurde nicht zuletzt durch seine Musik zu dem Film „Django – ein Leben für die Musik“ von 2017 international bekannt.
Für das leibliche Wohl sorgt das lokale Catering Unternehmen „Meister Schmackes“.
Rassismus und Antiziganismus müssen weiterhin bekämpft werden!
Zum Geburtstag von Anna Mettbach
Darmstadt, 26.01.2018
Die Gießener Sintezza und Holocaust-Überlebende Anna Mettbach wäre am heutigen Freitag 92 Jahre alt geworden. Sie hat die Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz und Ravensbrück überlebt und musste für Siemens Zwangsarbeit leisten. Nach dem Krieg erlebte sie wie die meisten Sinti und Roma fortgesetzte Diskriminierung. So lehnte etwa ihre Krankenkasse die Kostenübernahme für die Entfernung der in Auschwitz eintätowierten Häftlingsnummer mit der Begründung ab, es würde sich um eine Schönheitsoperation handeln.
Viele Jahre lang schwieg Anna Mettbach öffentlich zu ihrem Verfolgungsschicksal. Erst als im Zuge der Wiedervereinigung Anfang der Neunziger Pogrome und Mordanschläge auf Asylbewerber verübt wurden, begann sie damit, von ihrer Leidensgeschichte in Schulklassen zu erzählen. In Zusammenarbeit mit dem Landesverband hat sie in vielen Hessischen Schulen als Zeitzeugin berichtet. Für ihre unermüdliche Arbeit gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit ist sie mit der Hedwig-Burkheim-Medaille der Universitätsstadt Gießen und mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Anna Mettbach verstarb am 24. November 2015 in Gießen.
„Anna Mettbach hat sich in herausragender Weise als Bürgerrechtlerin verdient gemacht. Ihrem Einsatz ist zu verdanken, dass das Schicksal unserer Menschen – Verfolgung und Ermordung im Nationalsozialismus und Ignoranz und Ablehnung in der Nachkriegsgesellschaft – stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist“, erklärt der Landesvorsitzende Adam Strauß. „Noch immer werden Sinti und Roma oftmals als Bürger zweiter Klasse behandelt – die jahrhundertealten Vorurteile wirken nach wie vor. Hier bedarf es weiterhin einer verstärkten staatlichen Verantwortung einerseits und einer couragierten Zivilgesellschaft andererseits, um Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus flächendeckend zu bekämpfen“, so Adam Strauß abschließend.
Aufgrund der großen Verdienste Anna Mettbachs wird der Landesverband das geplante Zentrum gegen Antiziganismus mit Dauerausstellung in Darmstadt nach ihr benennen.
Der Künstler Markus Mantel hat ein Bild gemalt, nachdem er das Buch „Wer wird die nächste sein? Die Leidensgeschichte einer Sintezza, die Auschwitz überlebte“ von Anna Mettbach und Josef Behringer gelesen hatte. Zu diesem Gemälde hat der Landesverband nun einen kurzen Film produzieren lassen, den Sie hier betrachten können.
Für Rückfragen erreichen Sie unser Büro unter 06151 377740.
Hessen stärkt den Minderheitenschutz
Zum Staatsvertrag zwischen dem Land Hessen und dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma
Wiesbaden und Darmstadt, 22.11.2017
Am heutigen Mittwoch hat der Hessische Landtag erstmals einen Staatsvertrag mit dem Landesverband beschlossen. Hessen folgt damit als drittes Bundesland auf Schleswig-Holstein, wo die nationale Minderheit Deutscher Sinti und Roma seit 2012 Verfassungsrang besitzt, und auf Baden-Württemberg, dessen Landtag 2013 einen Staatsvertrag mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg abgeschlossen hat.
Der Staatsvertrag beinhaltet auch die Einrichtung eines gemeinsamen Gremiums zwischen Landesregierung und Verband, dessen Aufgaben die regelmäßige Evaluierung der Umsetzung der Ziele des Staatsvertrags und der Austausch über aktuelle Fragestellungen der Minderheit und der Mehrheit sind.
„Wir bedanken uns beim Land Hessen, dass es heute zur Unterzeichnung des Staatsvertrages kommt, für den wir lange Zeit gekämpft haben. Er bedeutet für uns eine Sicherheit, dass wir unsere wichtige Arbeit uneingeschränkt fortführen können, gerade in der heutigen Zeit, in der der Rechtspopulismus in unserem Land wieder an Zulauf gewonnen hat”, erklärte Adam Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes, bereits am 6. September anlässlich der Vertragsunterzeichnung in Wiesbaden.
Wer Gerechtigkeit fordert, wird verklagt
Zur Abschiebung aus dem Landratsamt in Friedberg
Darmstadt, 24.03.2017
Vor etwa drei Wochen wurde ein junger Mann mit albanischer Staatsangehörigkeit, der der Roma-Minderheit angehört, trotz schwerer Erkrankung und unter skandalösen Umständen in das Kosovo abgeschoben. Der unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leidende Mann, der sich seit Januar im Universitätsklinikum zur Behandlung befand, war unter Vorspiegelung falscher Versprechungen in das Landratsamt Friedberg gelockt und von dort aus inhaftiert und direkt abgeschoben worden. Laut der Sozialarbeiterin, die ihn zu dem Termin begleitete, war ihrem Klienten im Vorfeld gesagt worden, er müsse zur Kostenübernahme für die Klinik und ein Taschengeld persönlich erscheinen.
Kenntnis von diesem unglaublichen Vorgang, bei dem eine Behörde einen suizidgefährdeten Mann belügt, um ihn anschließend seiner Freiheit zu berauben, hat die Öffentlichkeit erst durch das couragierte Auftreten des Leiters der Psychiatrischen Klink des Gießener Uni-Klinikums Prof. Bernd Gallhofer erlangt. Diesen wiederum hat nun der Wetteraukreis in größerem Stil verklagt. Der Kreis wirft dem Psychiater unter anderem vor, seine Schweigepflicht gebrochen und Behandlungskosten in Rechnung gestellt zu haben. „Die Anzeige lässt sich auch so verstehen, dass hier ein Kritiker mundtot gemacht werden soll. So verstanden wirft dieses Verhalten alles andere als ein gutes Licht auf die Verwaltung des Wetteraukreises“ betont Adam Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma. „Es darf nicht sein, dass Behörden in unserem Land Menschen belügen. Eine Abschiebung unter solchen Umständen kann wohl kaum als rechtens bezeichnet werden. Ich fordere daher das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt auf, eine gründliche Untersuchung dieses Falles in die Wege zu leiten. Auch personelle Konsequenzen müssen in diesem scheinbar schweren Fall von Behördenversagen erwogen werden“ erklärt Adam Strauß abschließend.
39 Personen und eine Dusche
Das politische Elend in Frankfurt am Main
Darmstadt, 01.03.2017
Dutzende Personen sind seit einer Woche von der Frankfurter Stadtverwaltung in drei kleinen Räumen untergebracht worden und darben dort zur Zeit ohne Versorgung vor sich hin. Während der vorangegangenen Räumung der notdürftig errichteten kleinen Hütten auf einer Industriebrache im Gutleutviertel wurde ihr spärlicher Besitz, darunter auch Lebensmittel, zerstört oder eingelagert und den Menschen aktuell vorenthalten. Für 39 Frauen und Männer gibt es nur eine einzige Dusche. Obwohl sich in unmittelbarer Nähe der Unterbringung die Küche einer Flüchtlingsunterkunft befindet, darf diese derzeit nicht von den notleidenden Menschen genutzt werden. Auch der Besuch durch Unterstützer wurde verboten.
„Die Stadt Frankfurt und die verantwortliche Sozialdezernentin führen hier bewusst eine Situation des Elends herbei, die entwürdigend, gesundheitsschädlich und letztlich lebensgefährlich für die Betroffenen ist“, erklärt Adam Strauß, Vorsitzender des Verband deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen. „Über die Gründe eines solches menschenverachtenden Verhaltens kann ich derzeit nur spekulieren. Möglicherweise herrscht der Glaube vor, wenn man den Menschen den Aufenthalt hierzulande nur unerträglich genug mache, werden sie in ihre Herkunftsländer zurückkehren. In diesen sehen sich Angehörige der Roma-Minderheit aber rasisstischer Diskriminierung und Verfolgung bis hin zum Mord ausgesetzt; schlimmer als dort kann es hier also garnicht sein. Anstatt die brutale Spirale der Gewalt und des Elends weiter zu befördern, fordere ich die Frankfurter Stadtverwaltung auf, menschenrechtliche Standards auch im Umgang mit Menschen mit Roma-Hintergrund einzuhalten und endlich das Leid der Betroffenen anzuerkennen und abzumildern.“
Brandanschlag auf obdachlose Menschen
in Frankfurt
Darmstadt, 21.12.2016
Am 2. Dezember wurde unter einer Brücke der Rosa-Luxemburg-Straße in Frankfurt am Main eine Schlafstätte von Obdachlosen aus Rumänien, die vermutlich auch Roma sind, angezündet. Dieser Brandanschlag ist wahrscheinlich bereits der zweite innerhalb kurzer Zeit in Frankfurt am Main, der sich gegen Roma richtet. Im September kam es in Frankfurt-Fechenheim an einem Haus, das von Roma bewohnt wurde, zu einer Brandstiftung.
„Die von Politikern und Journalisten geschürte Hetze gegen sogenannte Armutsflüchtlinge führt nicht nur zu Verelendung und verstärkter Diskriminierung von Menschen, die ohnehin an den Rand der Gesellschaft gedrängt worden sind“, sagt Adam Strauß, Vorsitzender des Landesverbands. „Sie schafft auch ein Klima, dass rassistische Taten bis hin zu Mordanschlägen begünstigt.“
„Alle europäischen Roma und Sinti sind von den Nationalsozialisten aus rassistischen Gründen – vom Kleinkind bis zum Greis – verfolgt worden. Eine halbe Million unserer Menschen sind systematisch in den 40er Jahren ermordet worden. Wie Nachkommen der Verfolgten heute zum Teil behandelt werden, ist an geschichtlicher Verantwortungslosigkeit und Ungerechtigkeit kaum zu überbieten“, erklärt Adam Strauß abschließend.
Frankfurter Sozialpolitik?
Darmstadt, 21.10.2016
Die Behandlung der obdachlosen Roma durch Stadt und Bürger ist geschichtsvergessen und unmenschlich
Seit Wochen sah sich eine Gruppe obdachlos gewordener rumänischer Roma dazu gezwungen, im Freien vor der Frankfurter Weißfrauenkirche unter menschenunwürdigen Bedingungen zu übernachten. Die ohnehin große Not der Menschen wurde dadurch noch verstärkt, dass Anwohner und Passanten die Menschen verbal und auch körperlich angriffen; unter anderem sollen Personen Eier auf die obdachlosen Menschen geworfen haben.
Die Betroffenen gehören den Roma an und sind damit Nachkommen der Überlebenden des nationalsozialistischen Völkermords an den Sinti und Roma. In ganz Europa wurden zur Nazizeit Sinti und Roma entrechtet, deportiert und verfolgt. Geschätzte 500.000 Menschen wurden – vom Kleinkind bis zum Greis – von deutschen Soldaten und SS sowie verbündeteter militärischer Verbände ermordet. Wie der Völkermord an den Juden geht dem Völkermord an den europäischen Sinti und Roma eine jahrhundertelange Vorgeschichte der Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung voran. Auf Sinti und Roma sind über Jahrhunderte “Zigeunerbilder” projeziert worden. Auch heute stellen diese Vorurteile und Stereotype Sinti und Roma gegenüber, wissenschaftlich als “Antiziganismus” bezeichnet, die am weitesten verbreitete gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland und Europa dar. Massive Diskriminierungen, in Osteuropa bis hin zu Verfolgung und Mord, sind die Folge.
“Dass die Stadt Frankfurt die B‑Ebene der Hauptwache als Sozialwohnung für die in ihrem Heimatland an den Rand der Gesellschaft gedrängten und auch hier in Frankfurt attackierten Menschen betrachtet, ist ein politisches Armutszeugnis” erklärt Adam Strauß, Vorsitzender des Landesverbands und ergänzt: “Dass es nun ein Privatmann ist, der sich der Menschen annimmt, zeugt von dessen Mitgefühl und Menschenliebe. Es zeigt aber auch, wie sehr die Stadt ihre Pflicht gegenüber Hilfsbedürftigen vernachlässigt.”
“Zuwandernde Roma werden von der Politik in der jahrhundertealten rassistischen Tradition weiterhin als Sicherheitsproblem wahrgenommen. Es schmerzt mich, dass die soziale Kälte und die Geschichtsvergessenheit so groß ist, dass bedürftige Menschen von der Frankfurter Bürgerschaft nicht unterstützt, sondern angegriffen werden”, so Adam Strauß abschließend.
3. Darmstädter Tagung gegen Antiziganismus
Darmstadt, 30. November 2015
Vor wenigen Tagen haben Unbekannte das 2012 in Berlin errichtete Denkmal für die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Sinti und Roma geschändet, indem sie ein Hakenkreuz und das Wort „Vergasen“ am Eingangsbereich anbrachten. Auch das Darmstädter Denkmal Denkzeichen Güterbahnhof, das an die Deportation der Darmstädter Juden und Sinti erinnert, wurde in den vergangenen Jahren bereits zweimal mutwillig beschädigt.
„Diese Vorfälle – wie auch die anhaltende Hetze auf Pegida-Demonstrationen gegen sogenannte Armutsflüchtlinge – zeigen den weiterhin grassierenden Rassismus gegen Sinti und Roma in unserer Gesellschaft. In Darmstadt dürfen wir Diskriminierung und Ausgrenzung nicht zulassen“, erklärt Oberbürgermeister Jochen Partsch.
„Der Antiziganismus ist die am weitesten verbreitete gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft. Um die jahrhundertealten „Zigeunerbilder“ als Vorurteile zu entlarven und ein menschliches Miteinander zwischen den oftmals seit vielen Jahrhunderten hier beheimateten Sinti und Roma und der Mehrheitsgesellschaft zu ermöglichen, ist und bleibt Aufklärungsarbeit dringend nötig“ ergänzt Rinaldo Strauß vom Hessischen Landesverband der deutschen Sinti und Roma.
Vor diesem Hintergrund veranstaltet der Verband Deutscher Sinti und Roma (Landesverband Hessen) am 8. Dezember ab 10 Uhr die dritte Darmstädter Tagung gegen Antiziganismus im Justus-Liebig-Haus, Große Bachgasse 2, die vom Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch eröffnet werden wird. Kooperationspartner ist die Studierendenvertretung (AStA) der TU Darmstadt. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.
Neben der Vorstellung der neuen mobilen Ausstellung des Verbands, die sich in erster Linie an Bildungsinstitutionen richtet, stehen Workshops mit Antiziganismus-Forscherinnen – und Forschern sowie eine Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern der Landtagsfraktionen und Bürgerrechtlern auf dem Programm.
Antiziganismus bekämpfen – im Sport und überall
Darmstadt, 2. Juli 2015
Am 25. Mai skandierten Spieler des Sportvereins Darmstadt 98 während der zentralen Aufstiegsfeier auf der Bühne am Karolinenplatz mehrfach „Schuster, Du Zigeuner“. Eine Videoaufnahme dessen wurde vom Radiosender FFH ins Internet unter dem Titel „Darmstadt 98 Jubel auf der Feierbühne“ hochgeladen und tausendfach angesehen und diskutiert. Nach einigen Tagen wurde das Video vom Sender kommentarlos gelöscht.
Der seit über dreißig Jahren in Darmstadt ansässige Landesverband Deutscher Sinti und Roma ist zunächst durch engagierte Mitbürger, später auch durch Presseanfragen von dem Vorfall informiert worden. Der Verband hat daraufhin den Sportverein kontaktiert und konnte am 24. Juni ein persönliches Gespräch mit dem Vizepräsidenten des Vereins Markus Pfitzner führen.
„Vom Verhalten dieser Spieler waren wir entsetzt. Daher haben wir sofort das Gespräch mit den Verantwortlichen im Verein gesucht“, erklärt Rinaldo Strauß, stellvertretender Geschäftsführer des Verbands. „Das Gespräch mit Herrn Pfitzner war von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt. Er hat sich uns gegenüber im Namen des Vereins entschuldigt und wir haben auch gemeinsam zukünftige Kooperationsmöglichkeiten erörtert. Dennoch würden wir uns weiterhin auch eine öffentliche Distanzierung des Vereins wünschen. Schließlich hat der Fussball insbesondere der Jugend gegenüber eine Vorbildfunktion“, so Rinaldo Strauß weiter. „Selbstverständlich ist aber der Antiziganismus – der Rassismus unseren Menschen gegenüber – kein exklusives Problem des Darmstädter Sportvereins, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich dann in solchen Vorfällen zeigt. Der Grund dafür sind Unwissenheit und Vorurteilsstrukturen. Daher ist Aufklärungsarbeit so dringend nötig. Wir freuen uns darüber, dass der Vizepräsident des Vereins daran großes Interesse gezeigt hat und werden uns weiterhin über Möglichkeiten der Zusammenarbeit austauschen“, so Rinaldo Strauß abschließend.
Gräber von NS-verfolgten Sinti und Roma-Familien erhalten und gesetzlich schützen
Presseinformation vom 17. Juni 2015
Termin beim Bundesrat am 19. Juni 2015 um 14:30 Uhr
Sinti- und Roma-Familien stehen überall in Deutschland zunehmend vor dem Problem, dass die Grabstätten ihrer Angehörigen, zu denen die verstorbenen Überlebenden des Holocaust gehören, aufgrund abgelaufener Fristen (Ruhezeiten) nach den üblichen Friedhofsordnungen endgültig beseitigt werden. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mit seinen angeschlossenen Landesverbänden fordert schon seit längerem vom Bund und von den Ländern eine gesetzliche Regelung in Form einer „ewigen Ruhe“.
Adam Strauß, der Vorsitzende des Landesverbands Hessen, wird am kommenden Freitag bei dem Gespräch im Bundesrat, unter Leitung des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, dabei sein.
Der Landesvorsitzende Adam Strauß steht nach Ende des Gesprächs am 19. Juni 2015 um 14:30 vor dem Bundesrat, Leipziger Straße 3–4, in Berlin für Fragen der Journalisten zur Verfügung.
Der Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen hat mit der Hessischen Landesregierung schon im März 2014 eine Rahmenvereinbarung geschlossen, die in Artikel 10 festschreibt:„Die Hessische Landesregierung appelliert vor dem Hindergrund der Verfolgungsmaßnahmen und des Völkermords an den Sinti und Roma an die Friedhofsträger, Rücksicht auf die besonderen Belange der betroffenen Familien zu nehmen, insbesondere im Hinblick auf die Zulassung der Bestattung in Grüften. Hinsichtlich der in Zukunft ablaufenden Ruhefristen, sucht die Landesregierung in Zusammenarbeit mit dem Landesverband nach einer Lösung, die dem Charakter der Gräber als Stätten der historischen Erinnerung entspricht.“
Etwa 320 Gräber in Hessen sind uns bekannt. Die Erhaltung dieser Grabstätten ist für die Menschen der nationalen Minderheit deutscher Sinti und Roma Teil ihrer kulturellen Identität; sie können hier auch der Verstorbenen des Völkermords, für die es keine Gräber gibt, gedenken. Bisher haben nur die Städte Hanau und Marburg für diese Grabstätten von NS-Überlebenden Sinti und Roma auf ihren Friedhöfen ein „ewiges Ruherecht“ in ihren Friedhofssatzungen verankert.
Vor dem Hintergrund der Zusagen von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und Bundesinnenminister Thomas de Maizière, eine Ergänzung des „Gesetzes zu dem Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten“ (BT-Drucksache 13/6912) positiv zu prüfen, soll der Bundesrat in seiner Sitzung am 19. Juni 2015 eine entsprechende Entschließung verabschieden.
Die Umsetzung der bundesweit geltenden Regelung erfolgt dann durch die jeweiligen Bundesländer.