Vili war mein Held”

Interview mit den Eltern von Vili Viorel Păun, Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020

Zum Geden­ken an Vili Vio­rel Păun, der heu­te 23 Jah­re alt gewor­den wäre. 

Vili Vio­rel Păun (Foto privat)

Inter­viewe­rin (I): Könnt ihr mir von Vil­li und sei­nem Leben erzählen?

Nicu­les­cu Păun (NP): Vili war ein Wunsch­kind. Nach­dem ich 1996 mit der Armee fer­tig war, habe ich Iulia gehei­ra­tet. Ein Jahr spä­ter kam Vili. Er war ein sehr net­ter Jun­ge mit einem gro­ßen Herz, weil er ein Ein­zel­kind war. Men­schen haben Vili nur 10 Minu­ten ken­nen gelernt und sich an ihn erin­nert. Ich war ein­mal mit ihm bei einer rumä­ni­schen Zahn­ärz­tin, nur 10–20 Minu­ten. Als ich danach noch­mal bei ihr war, haben wir eine Stun­de lang über Vili gere­det. Was für ein Mensch er war, sei­nen Cha­rak­ter und sein Gesicht. Sein Gesicht sagt viel über Vili.

2016 kam ich allei­ne nach Deutsch­land. Ich habe einen Platz zum arbei­ten gefun­den, für die Papie­re und eine Woh­nung. 2017 sind Iulia und Vili nach­ge­kom­men. Ich bin zu mei­nem Chef gegan­gen und habe ihm gesagt: „Das ist mein Sohn.“ Er ant­wor­te­te, dass Vili bei ihm arbei­ten könn­te, wenn er Deutsch gelernt habe. Also habe ich Vili gesagt: „Vili, du musst Deutsch ler­nen.“ Er ant­wor­te­te: „Ja Papa, ich mach das.“ Und dann hat er das zwei, drei Stun­den pro Tag gemacht. Zwei, drei Mona­te spä­ter, im Janu­ar 2018 hat Vili ange­fan­gen zu arbeiten. 

Vili hat spä­ter einen neu­en Platz in der Fir­ma bekom­men, er woll­te hei­ra­ten und mit sei­ner Freun­din in eine neue Woh­nung zie­hen. Er hat immer gesagt: „Papa, ich mach für dich und für Mama nicht ein Kind, son­dern meh­re­re. Weil ich immer allei­ne war.“ Iulia hat gesagt: „Ja, wir wol­len das.“

Beim Atten­tat vom 19. Febru­ar zum Bei­spiel hat­te Vili mit den ande­ren nichts zu tun. Iulia und ich, wir woll­ten dass unser Sohn nach Hau­se kommt. Iulia hat gera­de ein Schnit­zel für Vili zube­rei­tet. Aber es war Vilis Ent­schei­dung zu kämp­fen und den Täter zu stop­pen. Ich muss das respek­tie­ren, weil es sei­ne Ent­schei­dung ist. Aber Iulia und ich hät­ten gewollt, dass er nach Hau­se kommt. Aber ich muss das respek­tie­ren… Ja. Ich muss das respektieren.

Iulia hat ges­tern für drei Per­so­nen Essen gemacht, weil sie es ver­ges­sen hat. Hat sei­ne Kla­mot­ten sau­ber gemacht und wie­der: vergessen…

Iulia und ich sind bei­de Wai­sen. Iulia hat mit neun Jah­ren ihre Mut­ter ver­lo­ren und ich mit 18 Jah­ren. Unse­re Situa­ti­on war nicht so rosig. Es ist oft was pas­siert. Jetzt ist unser Sohn gestor­ben. Ein so net­ter Jun­ge. Unglaub­lich… Unglaub­lich. Mit die­ser Geschich­te muss ich das gan­ze Leben lang leben. Nicht für einen Tag, wie zum Bei­spiel bei Coro­na, wo du weißt: ab dem 15. kannst du das und das wie­der machen. Es ist für immer.

I: Möch­test du mir etwas aus der Kind­heit und Schul­zeit von Vili erzählen?

NP: Ja, ab vier Jah­ren war er im Kin­der­gar­ten. Ab fünf Jah­re in der Grund­schu­le, dann sie­ben Jah­re in der Gene­ral­schu­le und danach drei Jah­re High­school, also wie High­school aber in Rumä­ni­en. Er hat Lebens­mit­tel­tech­ni­ker gelernt. Auf die­ser Fla­sche steht, dass Natri­um, Cal­zi­um und Magne­si­um drin ist. Vili kann das kon­trol­lie­ren. Er war ins­ge­samt zwölf Jah­re in der Schu­le… Sei­ne Kol­le­gen… alle sind zu sei­ner Beer­di­gung gekom­men. So vie­le Leu­te. Mehr als 500 Leu­te aus unse­rer Stadt. Sei­ne Kol­le­gen. Alle…. Wir sind scho­ckiert … Wir sind schockiert … 

In mei­ner Stadt gibt es Hun­de und Kat­zen. Von über­all hat Vili Hun­de und Kat­zen nach Hau­se gebracht. Ich hab gefragt: „Was machst du mit all denen?“ „Aber Papa schau mal, das Kätz­chen da hat kei­ne Mama, kei­nen Papa.“ Iulia hat immer gesagt: „Lass ihn bit­te Nicu.“

Es ist schwer … Wenn ich nach Rumä­ni­en und in Urlaub gefah­ren bin… Hat Vili für mehr als 300 Euro Scho­ko­la­de für die Kin­der aus unse­rer Stra­ße gekauft. Ich habe ihn gefragt: „Was machst du mit so viel Scho­ko­la­de? In Rumä­ni­en gibt es auch Scho­ko­la­de.“ Er hat geant­wor­tet: „Alle Jun­gen und Mäd­chen war­ten, ich kann doch nicht mit lee­ren Hän­den gehen.“

I: Kannst du mir von der Zeit erzäh­len, als ihr nach Deutsch­land gekom­men seid?

NP: Dann kamen Iulia und Vili. Es war eine schwe­re Zeit, weil für uns alles neu war. Aber wir waren zusam­men, egal was pas­siert. War nicht so viel Stress, weil wir alle zusam­men waren. Das war gut… Ja, das war gut. Wir haben es geschafft hier. Vili war voll inte­griert. Jeden Tag ging er zur Arbeit.

Vili hat in die Poli­zei zuviel Ver­trau­en gehabt. Wenn wir zusam­men saßen, sag­te ich manch­mal zu Vili: „Vili, hier in Deutsch­land brauchst du kei­ne Angst zu haben, mein Jun­ge. Wir sind in Deutsch­land.“ Des­we­gen hat Vili in die­ser Nacht vier­mal ver­sucht die Poli­zei anzu­ru­fen. Vili hat nicht gesagt: „Ich bin ein Held und mache das allei­ne.“ Er hat vier mal die Poli­zei angerufen. 

Iulia Păun (IP): Aber kei­ne Polizei

NP: Manch­mal den­ke ich, das war mein Feh­ler. Ich habe Vili gesagt: „Du brauchst kei­ne Angst zu haben. Schau dich um: ist über­all ruhig.“ Aber im Hin­ter­grund… Das ist das Problem.

Schau mal, das ist der Screen­shot mit sei­nen Anru­fen bei der Poli­zei. Er hat das ers­te Mal die Poli­zei ange­ru­fen am 19.2.2020 um 21:57, zwei­tes Mal 21:58. Dann ein­mal falsch.

IP: Stress

NP: Ja, ver­ständ­lich. Dann noch ein­mal um 21:59 und noch­mal um 21:59. Also viermal.

Das ist der zwei­te Tag (20.02.), als ich Vili ange­ru­fen habe: „Tata“ (Papa) steht als unbe­ant­wor­te­ter Anruf. Es war fünf Uhr mor­gens, weil Iulia und ich zur Arbeit mussten.

Am 19. Febru­ar bin ich um neun Uhr in sein Zim­mer, um das Fens­ter zu schlie­ßen. Da habe ich vier Mal einen Schuss gehört. Ich habe direkt zu Iulia gesagt: „Iulia, das ist eine Waf­fe“. Ich ken­ne das Geräusch. Iulia ant­wor­te­te: „Nein, sowas gibt es nicht in Deutsch­land.“ Schau dir die­se Ant­wort an: „Es gibt das nicht in Deutschland.“

Das war abends. Iulia hat­te gera­de für Vili ein Schnit­zel zube­rei­tet. Ich mein­te noch zu Iulia: „Das riecht so gut, ich möch­te es pro­bie­ren.“ Ich durf­te aber nur eines, weil der Rest war für Vili. Um unge­fähr 22:20 sind wir ins Bett gegan­gen, weil wir am nächs­ten Tag arbei­ten muss­ten. Mor­gens bin ich wegen dem Fens­ter wie­der in Vilis Zim­mer gegan­gen. Sein Bett war leer. Mein… ich hab so ein schlech­tes Gefühl gehabt, als ich das gese­hen habe. Aber ich dach­te: „Er ist 22, viel­leicht hat er ein Mäd­chen gefun­den.“ Aber Vili hat sowas nie gemacht ohne uns zu infor­mie­ren. Am 19. hat Vili aber nichts gesagt. Ich habe ihn ange­ru­fen. Mehr­mals. Auch über Mes­sen­ger. Kei­ne Ant­wort. Vili war Tod.

Am 20. auf dem Weg zur Arbeit habe ich im Radio gehört: „Herz­li­ches Bei­leid für die Fami­li­en. Es gab einen ras­sis­ti­sches Atten­tat in Hanau.“ Ich habe es Iulia über­setzt und gesagt: „Schau mal Iulia, ich hat­te Recht. Es gab ein Atten­tat.“ Ich hat­te ein schlech­tes Gefühl. Ich habe wie­der ange­ru­fen. Kei­ne Ant­wort. Um 11 Uhr bin ich zu mei­nem Chef und habe gesagt: „Vili ist nicht nach Hau­se gekom­men.“ Er mein­te: „Geh sofort zur Polizei.“

Ich habe ver­sucht raus­zu­fin­den, wo sein Auto steht und bin zur Stadt­po­li­zei gefah­ren. Eine hal­be Stun­de spä­ter kam die Poli­zei. Ich soll­te sein Geburts­da­tum und ‑ort ange­ben. Nach einer hal­be Stun­de, Stun­de mein­ten sie: „Hier habe ich nicht so gute Gerä­te, das wir ihr Auto auf Vide­os oder so sehen. Geh zur ande­ren Poli­zei am Frei­heits­platz.“ Am Frei­heits­platz war es voll mit Men­schen, die wein­ten. Iulia ver­steht kein Deutsch und sag­te immer: „Nicu? Was ist pas­siert? Was ist los?“ „Ich ver­ste­he es auch nicht. Die Poli­zei hat gesagt, sie schau­en wo das Auto ist.“ Unge­fähr eine Stun­de spä­ter kam die Poli­zei und bat uns rein.

Sie haben uns ein Glas Was­ser gege­ben: „Es tut mir Leid. Dein Sohn ist ges­tern Nacht bei dem Atten­tat am Kurt-Schuh­ma­cher-Platz gestor­ben.“ Iulia ist gefal­len. Ich auch. Die Poli­zei mein­te: „Gehen Sie nach Hau­se und ich schi­cke Ihnen die Adres­se, wo ihr Sohn jetzt ist.“

Ich habe mich gefragt: Wo ist die­ser Kurt-Schuh­ma­cher-Platz? Kei­ner wuss­te es. Der Sohn von mei­nem Schwa­ger hat ihn dann im Inter­net gesucht. Gegen 20 Uhr bin ich zu dem Park­platz, weil ich gesagt habe: „Komm, wir stel­len Vili eine Ker­ze hin.“ Ich habe mich immer gefragt: „War Vili ein­kau­fen?“ Saft, Pep­si, was weiß ich. Ich hat­te so viel Stress, weil ich immer wie­der die­se Fra­ge hat­te: „War­um gehst du zum Kurt-Schuh­ma­cher-Platz, wenn du in der Glo­cken­stra­ße wohnst?“ Hier sind es zwei Minu­ten zum Kauf­land, zwei Minu­ten zum Lidl.

IP: Zu Penny.

NP: War­um dort hin? Für Ziga­ret­ten? Vili raucht nicht. Kaf­fe, auch nicht. Alko­hol, nichts. Kei­ne Dro­gen oder so. Also ich habe mir immer wie­der die Fra­ge gestellt: „War­um Vili kommst du hier­her.“ Als Vater über­le­ge ich: Hat Vili sich ver­än­dert? Als Eltern machst du dir Gedan­ken. Aber Iulia mein­te: „Nein. Du musst die Wahr­heit her­aus­fin­den. Du musst Nicu.“ War­um? War­um? Warum?

Als ich am 20. Febru­ar am Kurt-Schuh­ma­cher-Platz war, kam ein ande­rer Vater zu mir. Er hat mich gefragt: „Wo warst du bis jetzt? Wo warst du? Vor einer hal­ben Stun­de ist dein Sohn ist von hier weg­ge­bracht wor­den. Was für eine Fami­lie seid ihr?“ Wir hat­ten kei­ne Ahnung, dass unser Sohn-. Er war alles was wir geliebt haben. Ich hat­te kei­ne Ahnung, weil die Poli­zei uns belo­gen hat. Danach habe ich ihm gesagt: „Ich hat­te kei­ne Ahnung. Mir wur­de gesagt mein Sohn ist in Frank­furt. Ich bin nur für eine Ker­ze gekommen.“

Drei Tage spä­ter kam ein Mann zu mir. Er mein­te: „Dein Sohn hat mei­nen Sohn geret­tet. Mein Sohn hat gese­hen, wie der Täter dei­nen Sohn erschos­sen hat und hat sich ver­steckt.“ Zu Vili passt nicht der Satz: Wrong time, wrong place [Fal­sche Zeit, fal­scher Ort]. Er kam gera­de von der Arbeit. Er hat­te eine Wahl.

Der Mann mein­te zu mir: „Ich ken­ne dei­nen Sohn. Dein Sohn hat den Täter vom West-Atten­tat ver­folgt. In der Nacht war es in den Nach­rich­ten so: Zwei Autos, zwei Täter. Eins schwarz, eins Sil­ber. Im Schwar­zen war der Täter. Im Sil­ber­nen war dein Sohn. Aber dein Sohn hat ihn ver­folgt.“ Er ist unglaub­lich dank­bar, dass Vili das gemacht hat. Ich habe sofort Iulia ange­ru­fen: „Iulia komm her, ich erzäh­le dir was pas­siert ist!“ Mein Vili such­te einen Park­platz, er hat den Täter gese­hen und ihn ver­folgt. Vili hat die Poli­zei ange­ru­fen. Vili war nicht blöd. Vili war alles, aber nicht blöd. Du hast gese­hen, dass er die Poli­zei ange­ru­fen hat. Er hat nicht gesagt: ich mach das sel­ber, ich bin Vili! Er hat­te Cou­ra­ge. Aber er war nicht blöd! Er hat gedacht, die Poli­zei macht sich auf den Weg.

I: Wie war Vili mit sei­nen Freunden?

NP: Das ist ein Foto von sei­nen bes­ten Freun­den in Rumä­ni­en. Sie sind seit dem Kin­der­gar­ten befreun­det. Die­ser ist bei der Poli­zei. Er ist Tier­arzt. Hier machen sie gemein­sam Pfann­ku­chen. Das ist einer sei­ner bes­ten Freun­de, er sitzt im Roll­stuhl. Ein sehr intel­li­gen­ter Mensch. Vili war der ers­te, der ihm das Stadt­zen­trum gezeigt hat. Also unse­re Stadt ist nicht wie Oberts­hau­sen. Vili war der ers­te, der mein­te: „Komm mit. Ich zei­ge dir das Zen­trum. Wir trin­ken Saft.“ 

Iulia und ich haben uns ent­schie­den etwas für sei­ne bes­ten Freun­de zu kau­fen. Hier ist ein Video: Vilis Freund pro­biert sei­nen neu­en Roll­stuhl aus. Ich habe ihn im Inter­net gefun­den und nach Rumä­ni­en geschickt. Er wuss­te nicht, dass ich das gekauft habe. Es war eine Über­ra­schung. … Weißt du was das beson­de­re an der Unter­hal­tung ist? Nie­mand redet mit ihm „Oh, es tut mir leid. Lass mich hel­fen“. Sie ver­hal­ten sich nor­mal und machen ihn nicht zu etwas besonderem.

Ich möch­te das Geld, was ich bekom­me, in Vilis Namen ver­wen­den. Nicht für mich oder für Iulia. Wenn ich sol­che Vide­os sehe, macht mich das glücklich.

I: Wie ist euer Kon­takt zur Polizei?

NP: Nicht sehr eng. Die Anwäl­te machen das. Es gibt vie­le Zeu­gen, die Vili gese­hen haben. Wie er den Täter mit dem Auto ver­folgt und ihn gestoppt hat. Dann ist etwas pas­siert und Vili hat Platz gemacht. Viel­leicht hat er ihn mit einer Waf­fe bedroht. Vili hat ihn ver­folgt, hat ihn mit Voll­gas über­holt und dann gebremst. Der Täter muss­te auch auf die Brem­se. Vili hat ihn blo­ckiert. Dann ist der Täter vor­bei gefahren. 

In die­ser Zeit hat Vili vier­mal die Poli­zei ange­ru­fen. Was willst du mehr von einem Zivi­lis­ten? Was woll­te die Poli­zei mehr von einem Zivi­lis­ten? Er hat ihn ver­folgt und blo­ckiert. Der Täter war ein Pro­fi. Er hat Plä­ne gemacht, schon einen Monat vor­her, oder ein Jahr oder das gan­ze Leben. Aber Vili, ein Jun­ge aus Rumä­ni­en, 22 Jah­re alt hat sei­ne Plä­ne für acht Minu­ten, fünf Minu­ten, eine Minu­te — egal wie lang — kaputt gemacht. Was wol­len sie mehr? Er hat vier Mal rich­tig gewählt und zwei Mal falsch. Auf was war­ten sie noch? War­um haben sie nichts gemacht? Hat­ten sie ein schlech­tes Gefühl weil Vili ein „Zigeu­ner“ oder Rumä­ne war? Ich fra­ge mich das immer wie­der. Ist für mich eine nor­ma­le Frage. 

Aber okay! Wenn das das Pro­blem ist, dann tau­schen wir sei­nen Namen: Wil­liams, Helmut.

I: Was wünschst du dir von dem Umgang mit dem Anschlag?

NP: Die Wahr­heit! Die Wahr­heit, war­um die Poli­zei so lang­sam reagiert hat. Ver­zei­hen Sie mir, Sie sind zu lang­sam! Die gan­ze Welt schaut auf das was in Deutsch­land wegen Hass pas­siert. Seit dem zwei­ten Welt­krieg reden die Poli­ti­ker in Deutsch­land über Hass und sagen: „Wir ver­su­chen, dass das nie­mals pas­siert. Wir ver­su­chen das.“ Aber haben sie Inter­es­se, den Hass zu stop­pen? Mei­ne Mei­nung: Nein. Mei­ner Mei­nung nach, müss­te die Poli­zei eine Daten­bank haben, mit allen Nazis, die eine Waf­fe besit­zen. Das muss kon­trol­liert wer­den. Schieß­stän­de müs­sen kon­trol­liert wer­den. War­um brauchst du eine Kriegswaffe?

Wenn man es rich­tig machen will, müss­te es jede Woche einen run­den Tisch geben, mit Anwäl­ten, Poli­zei, Poli­ti­kern und nor­ma­len Leu­ten. Ein­mal die Woche, eine Stun­de. Dann ver­ste­he ich: Okay, Deutsch­land will, dass das nicht wie­der passiert. 

Der Täter hat­te fünf, oder zehn Tage vor­her ein Video auf You­tube hoch­ge­la­den. Wie reagiert die Poli­zei? Wor­auf war­test du noch? Was willst du mehr?

Nein, wir sind nicht zufrie­den. Ich hat­te kei­ne Ahnung was in Deutsch­land pas­siert. Ich habe nur gese­hen: So ein schö­nes Land. Alles grün und Ruhig. Es ist Scha­de! Schade! 

I: Wenn du an Vili denkst, was möch­test du, dass alle über ihn wissen?

NP: Dass Vili ein Held war. Bis zum 19. Vili war mein Held. 

I: Wie geht es jetzt für euch weiter?

NP: Schwer. Jeder Tag ist schwer. Ich ver­mis­se ihn. Ich will ihn umarmen.

I: Ihr habt noch­mal geheiratet?

NP: Die Idee kam von unse­rem Pries­ter. Wir haben uns neu vor Gott ver­spro­chen. Dass Iulia und ich zusam­men blei­ben und uns wei­ter lieben. 

I: Vie­len Dank für das Interview!

Das Inter­view führ­te Ina Ham­mel für den Ver­band Deut­scher Sin­ti und Roma — Lan­des­ver­band Hes­sen. Es fand im Juni 2020 statt. Das Inter­view ist gekürzt, in Tei­len aus dem Eng­li­schen über­setzt und in Schrift­spra­che wiedergegeben.

Eine gekürz­te Ver­si­on des Inter­views erscheint im Newess 2020. Das jähr­lich erschei­nen­de Maga­zin Newess wird seit Dezem­ber 2018 vom Zen­tral­rat und dem Doku­men­ta­ti­ons- und Kul­tur­zen­trum Deut­scher Sin­ti und Roma her­aus­ge­ge­ben. Der Newess infor­miert in der Form eines Jah­res­rück­blicks über die Arbeits­schwer­punk­te bei­der Insti­tu­tio­nen. Dar­über hin­aus wer­den Arti­kel mit tie­fer­ge­hen­den Ana­ly­sen aktu­el­ler poli­ti­scher The­men zu aus­ge­wähl­ten The­men ver­öf­fent­licht. Der Newess ermög­licht auch den Lan­des- und Mit­glieds­ver­bän­den, die dem Zen­tral­rat ange­schlos­sen sind, über die Schwer­punk­te ihrer Arbeit zu berichten.

Soll­ten Sie die Über­sen­dung des Maga­zins wün­schen, dann sen­den Sie bit­te eine E‑mail an: zentralrat@sintiundroma.de

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