27. Januar – Gedenken an die Verfolgten des Nationalsozialismus – Gedenken an eine halbe Million Ermordete Sinti und Roma

PRESSEMITTEILUNG DES HESSISCHEN LANDESVERBANDES DEUTSCHER SINTI UND ROMA

Heute vor 77 Jahren, am 27. Jan­u­ar 1945, wurde das Ver­nich­tungslager Auschwitz von den sow­jetis­chen Trup­pen befre­it. Dieser Tag gilt bis heute als Gedenk­tag an die Mil­lio­nen Opfer und Ver­fol­gten des Nation­al­sozial­is­mus. Auschwitz ste­ht bis heute als Syn­onym für den nation­al­sozial­is­tis­chen Völk­er­mord an den Juden, Sin­ti und Roma, sowie der sys­tem­a­tis­chen Ver­fol­gung und Ver­nich­tung viel­er weit­er­er wie poli­tis­ch­er Oppo­si­tioneller, Homo­sex­ueller, Zeu­gen Jeho­vas oder Men­schen mit Behin­derung.

Nach Angaben der Gedenkstätte Auschwitz star­ben die meis­ten der ca. 23.000 nach Auschwitz deportierten Sin­ti und Roma an den mörderischen Bedin­gun­gen oder durch die Gaskam­mern. Allein in der Nacht vom 4. auf den 5. August wur­den etwa 4.000 Sin­ti und Roma ermordet, als das kom­plette Lager Auschwitz Birke­nau II e von der SS ‚aufgelöst‘ und alle dort verbliebe­nen Sin­ti und Roma ver­gast wur­den.

Anna Met­tbach, Sin­tez­za und Bürg­er­recht­lerin aus Hes­sen, wurde 1942 mit 18 Jahren nach Auschwitz deportiert, da sie in Sorge um ihren Onkel ohne Erlaub­nis ihren Wohnort ver­lassen hat­te. Sie beschreibt ihre Depor­ta­tion später in einem Zeitzeu­gen­in­ter­view:

„Wir waren einige Tage unter­wegs. Ohne Wass­er und ohne Nahrung. Jed­er hing seine Gedanken nach. Angst. Hoff­nungslosigkeit. Was wird wer­den? Ich wusste nicht, wo wir hinkom­men. Wir sind in Auschwitz angekom­men an der Rampe. Und dann hört man das Gebrüll. Da standen die Her­ren der SS, die Her­ren über Leben und Tod mit Schäfer­hund und Gewehr. Dann ging es nur mit ein­er Dau­men­be­we­gung: so viel war der Men­sch wert.“

Anna Met­tbach musste in Auschwitz und weit­eren Lagern Zwangsar­beit leis­ten und unglaubliche Qualen erleben. Sie über­lebte mehrere Lager und einen Todes­marsch bevor sie 1945 befre­it wurde. Nach ihrer Befreiung set­zte sie sich für die Anerken­nung des Völk­er­mordes und die Verbesserung der Sit­u­a­tion der Sin­ti und Roma in Deutsch­land ein. Die Vorurteile, die zur Ver­fol­gung der Sin­ti und Roma geführt hat­ten, existierten auch nach 1945 weit­er und führen bis heute zur Diskri­m­inierung.

„Für mich als Vor­sitzen­der des Hes­sis­chen Lan­desver­ban­des Deutsch­er Sin­ti und Roma ist die Erin­nerung an die Ver­fol­gten des Nation­al­sozial­is­mus beson­ders wichtig. Ihr Geschicht­en zeigen, wie Men­schen, die zuvor Nachbar*innen, Mitschüler*innen und Kolleg*innen waren, nach und nach immer stärk­er aus­ge­gren­zt, ver­fol­gt und schließlich ver­nichtet wer­den kon­nten. Sie zeigen aber auch ihr Leben und wie sie sich gegen­seit­ig Unter­stützten.“, so Adam Strauß. „Wenn heute Men­schen glauben, sie seien wegen ein­er fehlen­den Imp­fung ver­fol­gt wie unsere Men­schen im Nation­al­sozial­is­mus, kön­nen sie sich nicht ern­sthaft mit der Geschichte auseinan­derge­set­zt haben. Es ist eine Belei­di­gung für alles was die Ver­fol­gten erlei­den mussten.“

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