Unsere neue Onlineausstellung “Der Weg der Sinti und Roma” ist fertig. Eine Sprecherin kommentiert die gut 30 Ausstellungstafeln in einer Art kurzem Rundgang. In ca. 5 Minuten erhält man so einen Überblick über die Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland, es geht um Diskriminierung und Verfolgungen, aber auch um die beginnende Anerkennung als nationale Minderheit.
Kategorie: Allgemein
Antiziganismus in der Sozialen Arbeit — Vortrag mit Dr. Markus End
Am Donnerstag, den 10.12.2020 hielt Dr. Markus End im Rahmen einer Online-Lehrveranstaltung an der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS) einen Vortrag über „Antiziganismus in der Sozialen Arbeit“. Rund 70 Studierende des Fachbereichs 4 „Soziale Arbeit und Gesundheit“ nahmen daran teil. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Landesverband stand.

Ausstellung und digitaler Vortrag im Projekt ‘Vielfalt bildet!’
Unsere Ausstellung „Der Weg der Sinti und Roma“ konnte trotz Corona mit den entsprechenden Hygieneauflagen vom 23.–27.11.2020 in den Vereinsräumen von Roza e.V. in Darmstadt gezeigt und besucht werden.

Als Begleitprogramm bot der Landesverband den digitalen Vortrag „Wie Zigeunerbilder einen Völkermord möglich machen“ für Schüler*innen der Heinrich Emanuel Merck Schule an, der auch Studierende offen war.
‚Vielfalt bildet!‘ ist ein Kooperationsprojekt des Instituts für Allgemeine Pädagogik und Berufspädagogik der TU Darmstadt, mit dem Landesverband und mit verschiedenen Selbstorganisationen (Die Brücke e. V., Roza e. V., Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V.), der Bildungsstätte Anne Frank und der Heinrich-Emanuel-Merck-Schule Darmstadt. Ziel des Projekts ist es, gemeinsam rassismus‑, antiziganismus- und antisemitismuskritische Bildungsangebote zu gestalten.
Ausstellungseröffnung “Der Weg der Sinti und Roma” in Gudensberg
Vom 17.09. bis zum 30.09. zeigte der Landesverband seine Ausstellung “Der Weg der Sinti und Roma” in Gudensberg. Die Ausstellung konnte am 17.09. mit Hygienekonzept eröffnet werden und war gut besucht. Der Hessisch-Niedersächsische Anzeiger vom 19.09.2020 berichtete.
Fatima Stieb, Mitglied im Hessischen Landesverband Deutscher Sinti und Roma, eröffnete die Ausstellung mit einem Grußwort. “Man hat unsere Menschen seit ihrer Ankunft im deutschsprachigen Raum immer wieder zu ‘Zigeunern’ gemacht. Was heißt das? Man hat sie ausgegrenzt, hat sie in ihrem beruflichen Fortkommen behindert und diskriminiert. Man hat ihnen verweigert, sich anzusiedeln und man hat sie immer wieder vertrieben. Kurz: man hat ihnen verboten ein Teil der Gesellschaft zu sein, wie alle anderen. Schließlich hat man sie verfolgt und ermordet, bis hin zum organsierten Völkermord im Nationalsozialismus.”, betonte Fatima Stieb. Diese Diskriminierung endete jedoch nicht nach 1945, sondern sie wirkt bis heute weiter. Anschläge wie in Halle, Hanau, und Wächtersbach oder auf den Regierungspräsidenten Walter Lübcke erinnern immer wieder daran, das Rechtsterrrorismus wieder zunimmt. Das mache zivilgesellschaftliches Engagement, wie es sich hier in Gudensberg zeige, umso wichtiger.
Im Anschluss leitete der Historiker und Autor der Ausstellung Dr. Udo Engbring-Romang mit einem Eröffnungsvortrag in das Thema der Ausstellung die 600 jährige Geschichte der Sinti und Roma im deutschsprachigen Raum und ihre Verfolgung ein.
Gedenken an die Deportationen am 27. September 1942 in Darmstadt
Auch in diesem Jahr nahm Romano Strauß, Vorstand des Landesverbandes, als dessen Vertreter an dem Gedenken an die aus Darmstadt deportierten Juden und Sinti 1942/43 an dem gemeinsamen Mahnmahl am Güterbahnhof teil. Maria Strauß, deren Familie aus Darmstadt deportiert wurde, hielt ein Großwort. Sie mahnt, dass auch heute immer mehr Sinti, Roma und Juden sich nicht trauen öffentlich als diese erkennbar zu sein und ihre Identität verstecken. “Sie haben Angst vor Angriffen, Beschimpfungen, Benachteiligungen und Ausgrenzung. Eine Angst, die mich sehr traurig macht. Es macht mich traurig, wenn Kinder vor ihren Freunden einen Teil ihrer Identität verheimlichen müssen. Es macht mich traurig, dass Angehörige unserer Minderheiten, Juden, Sinti und Roma, auf der Straße Angst haben müssen.”
Insbesondere in Zeiten des Rechtsterrorismus müsse der Staat seiner Pflicht Minderheiten zu schützen nachkommen.
Dritte Eberstädter Projekttage gegen Antiziganismus
Im September 2020 veranstaltete der Landesverband zusammen mit dem Eberstädter Bündnis gegen Antiziganismus zum dritten Mal in Folge die “Eberstädter Projekttage gegen Antiziganismus”. Auch dieses mal konnte wieder ein spannendes Programm präsentiert werden, welches sich insbesondere an Lehrkräfte und Sozialpädagog*innen richtete.
Diskussionsrunde an der Polizeiakademie in Wiesbaden
Zusammen mit der Jüdischen Gemeinde und dem Ausländerbeirat war der Hessische Landesverband am 17.09.2020 zu einer Diskussionsrunde mit Polizeianwärter*innen an der Polizeiakademie in Wiesbaden eingeladen. Rinaldo Strauß, stv. Geschäftsführer des Landesverbandes sprach einige einleitende Worte und im Anschluss wurde gemeinsam über unterschiedliche Perspektiven diskutiert.
In seinen einleitenden Worten beleuchtete Rinaldo Strauß das Verhältnis von Polizei und Minderheit historisch und aktuell. Denn die Verfolgungsgeschichte die Sinti und Roma in ihren 600 Jahre alten Geschichte im deutschsprachigen Raum erleiden mussten ist elementar, um diese zu verstehen.
Eine Geschichte in der Polizei, Soziale Arbeit und Ordnungsämter immer wieder eine zentrale Rolle in der Verfolgung und Ermordnung spielten. Dennoch lassen diese Institutionen sich nie unabhängig von den gesellschaftlichen Strukturen sehen. So haben sich seit der Anerkennung des Völkermordes 1980 viele Dinge verbessert. Dennoch beunruhigen Nachrichten von rechten Strukturen in der Polizei und dem Militär, wie in den NSU 2.0 Skandalen und Angehörige unserer Minderheit fühlen sich noch immer oft genug nicht gleichberechtigt behandelt.
“Das ich heute hier sein darf als Vertreter des Hessischen Landesverbandes und als Vertreter der nationalen Minderheit der Sinti und Roma, aber vor allem als Sohn eines Auschwitz überlebenden, ist für mich etwas ganz besonderes. Ich empfinden Veranstaltungen wie diese, als ein sehr wichtiges Zeichen”, betont Rinaldo Strauß. Ein Zeichen für Austausch und Möglichkeiten der Veränderung.
“Vili war mein Held”
Interview mit den Eltern von Vili Viorel Păun, Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020
Zum Gedenken an Vili Viorel Păun, der heute 23 Jahre alt geworden wäre.

Interviewerin (I): Könnt ihr mir von Villi und seinem Leben erzählen?
Niculescu Păun (NP): Vili war ein Wunschkind. Nachdem ich 1996 mit der Armee fertig war, habe ich Iulia geheiratet. Ein Jahr später kam Vili. Er war ein sehr netter Junge mit einem großen Herz, weil er ein Einzelkind war. Menschen haben Vili nur 10 Minuten kennen gelernt und sich an ihn erinnert. Ich war einmal mit ihm bei einer rumänischen Zahnärztin, nur 10–20 Minuten. Als ich danach nochmal bei ihr war, haben wir eine Stunde lang über Vili geredet. Was für ein Mensch er war, seinen Charakter und sein Gesicht. Sein Gesicht sagt viel über Vili.
2016 kam ich alleine nach Deutschland. Ich habe einen Platz zum arbeiten gefunden, für die Papiere und eine Wohnung. 2017 sind Iulia und Vili nachgekommen. Ich bin zu meinem Chef gegangen und habe ihm gesagt: „Das ist mein Sohn.“ Er antwortete, dass Vili bei ihm arbeiten könnte, wenn er Deutsch gelernt habe. Also habe ich Vili gesagt: „Vili, du musst Deutsch lernen.“ Er antwortete: „Ja Papa, ich mach das.“ Und dann hat er das zwei, drei Stunden pro Tag gemacht. Zwei, drei Monate später, im Januar 2018 hat Vili angefangen zu arbeiten.
Vili hat später einen neuen Platz in der Firma bekommen, er wollte heiraten und mit seiner Freundin in eine neue Wohnung ziehen. Er hat immer gesagt: „Papa, ich mach für dich und für Mama nicht ein Kind, sondern mehrere. Weil ich immer alleine war.“ Iulia hat gesagt: „Ja, wir wollen das.“
Beim Attentat vom 19. Februar zum Beispiel hatte Vili mit den anderen nichts zu tun. Iulia und ich, wir wollten dass unser Sohn nach Hause kommt. Iulia hat gerade ein Schnitzel für Vili zubereitet. Aber es war Vilis Entscheidung zu kämpfen und den Täter zu stoppen. Ich muss das respektieren, weil es seine Entscheidung ist. Aber Iulia und ich hätten gewollt, dass er nach Hause kommt. Aber ich muss das respektieren… Ja. Ich muss das respektieren.
Iulia hat gestern für drei Personen Essen gemacht, weil sie es vergessen hat. Hat seine Klamotten sauber gemacht und wieder: vergessen…
Iulia und ich sind beide Waisen. Iulia hat mit neun Jahren ihre Mutter verloren und ich mit 18 Jahren. Unsere Situation war nicht so rosig. Es ist oft was passiert. Jetzt ist unser Sohn gestorben. Ein so netter Junge. Unglaublich… Unglaublich. Mit dieser Geschichte muss ich das ganze Leben lang leben. Nicht für einen Tag, wie zum Beispiel bei Corona, wo du weißt: ab dem 15. kannst du das und das wieder machen. Es ist für immer.
(mehr …)Veranstaltungen zur Verfolgung und Widerstand Hessischer Sinti und Roma (Breuberg i.Odw.)
Im Sommer war der Landesverband in Breuberg im Odenwald zu zwei Veranstaltungen eingeladen. Zunächst hielt der Marburger Historiker Dr. Udo Engbring-Romang am 3. Juli einen Vortrag zu dem Titel “Antiziganismus und die Verfolgung von Sinti und Roma in Hessen”. Hierbei gab er einen Einblick in die nationalsozialistische Verfolgung von Sinti und Roma in Hessen und ihre Kontinuitäten.
In einer zweiten Veranstaltung am 21. August zeigte der Landesverband seinen Film “Kampf um Anerkennung” über die Bürgerrechtsarbeit hessischer Sinti und Roma. Rinaldo Strauß, stv. Geschäftsführer und Malte Clausen, Mitarbeiter des Hessischen Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma leiteten im Anschluss eine Diskussionsrunde und waren für Rückfragen ansprechbar.
Vortrag im Odenwald

Am Freitag 3. Juli veranstaltete der Landesverband in Kooperation mit den Jugendwerkstätten Odenwald e.V. in Breuberg (Odenwaldkreis) einen Vortrag des Marburger Historikers Dr. Udo Engbring-Romang zur Verfolgung der Sinti und Roma in Hessen.

Für den Landesverband nahm der wissenschaftliche Mitarbeiter Malte Clausen teil. Der Vortrag ist Teil einer zweiteiligen Reihe, die am 21. August am gleichen Ort fortgesetzt wird. Dann zeigt der Landesverband seinen Film “Kampf um Anerkennung” zu vier Jahrzehnten Bürgerrechtsarbeit in Hessen. Hier finden Sie die Einladung zu dieser Veranstaltung.
