Gedenkveranstaltungen anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation von Sinti in Fulda, Hanau und Marburg vor 80. Jahren

Am Vortag, Mittwoch, den 22.03. fand in Ful­da ein Schweige­marsch zu Ehren und in Erin­nerung an die Opfer der Depor­ta­tion statt. Cir­ca 40 Men­schen liefen schweigend von der Buseck­str. 4 zum Bahn­hof in Ful­da um an die Depor­ta­tion der Ful­daer Sin­ti vor 80 Jahren zu erin­nern. 

In der Buseck­str. 4 lag vor 80 Jahren der Holz­garten des Städtis­chen Kranken­haus­es. Hier wur­den die 118 Sin­ti und Roma aus Ful­da vor ihrer Depor­ta­tion gefan­gen gehal­ten. Dann wur­den sie am 23.03.1943 zum Bahn­hof in Ful­da getrieben und gewalt­sam in Güter­wag­gons gepfer­cht. Von dort fuhr der Zug nach Auschwitz. 

Die Schüler*innen der Pro­jek­t­gruppe „Jüdis­ches Leben in Ful­da“ tru­gen auf ihrem Schweige­marsch Schilder mit den Namen der ver­schleppten Men­schen. “Eine sehr gelun­gene Gedenkver­anstal­tung.” , resümiert Fati­ma Stieb, die für den Hes­sis­chen Lan­desver­band eine Gedenkrede hielt. “Die Namen zu nen­nen bedeutet auch den Opfern  ihre Men­schlichkeit zurück zu geben und ihnen einen Raum in unseren Gedanken einzuräu­men.

Wir danken allen, die gekom­men sind und dieses trau­rige Jubiläum mit­gestal­tet haben.

Einen Bericht über den Schweige­marsch find­en Sie in den Osthessen News: https://osthessen-news.de/n11742904/gedenkmarsch-von-fuldaer-schuelern-fuer-118-deportierte-sinti-und-roma.html 

Am Don­ner­stag, den 23. März fol­gte die Gedenkver­anstal­tung in Mar­burg, die im His­torischen Saal des Rathaus­es stat­tfand. Ober­bürg­er­meis­ter der Stadt Mar­burg, Thomas Spieß hielt eine Gedenkrede, während das Kinder- und Jugend­par­la­ment Mar­burgs sichtlich ergrif­f­en Zeitzeug*innenberichte von Mar­burg­er Büger*innen vortrug, die 1943 aus ihrer Heimat­stadt Mar­burg nach Auschwitz ver­schleppt wur­den. Die weni­gen Men­schen, die die Ver­nich­tungslager über­lebten und Zeug­nis über ihre Erfahrun­gen ablegten waren nur wenige der 78 deportierten Per­so­n­en. Vom Hes­sis­chen Lan­desver­band waren Romano und Maria Strauß anwe­send. In ihrer Gedenkrede stellte Maria Strauß den per­sön­lichen Bezug zur eige­nen Fam­i­liengeschichte her. Zum Abschluss zogen die Anwe­senden zum Bauamt. Dort legten sie einen Kranz nieder, während die Namen der Opfer ver­lersen wur­den. Das Sun­ny Franz und Sascha Rein­hardt Duo begleit­eten die Ver­anstal­tung musikalisch.


Später am Tag, am Don­ner­stag, 23.03. um 18.30 Uhr fand in Hanau die Gedenkver­anstal­tung am Neustädter Rathaus statt. Hier sprachen der Hanauer Ober­bürg­er­meis­ter Claus Kamin­sky und Fati­ma Stieb. Anlässlich des 80. Jahrestages der Depor­ta­tion der Hanauer Sin­ti wurde am Rathaus eine neue Gedenk­tafel mit den Namen der 1943 ver­schleppten Sin­ti enthüllt. Musikalisch begleit­et wurde die Ver­anstal­tung durch June Heilig und Sergej Hart­mann an Geige und Piano.

Filmvorführung von “Der lange Weg der Sinti und Roma” bei der Langen Nacht der Menschenrechtsfilmpreise

Gestern, am 20. März wurde der Film “Der lange Weg der Sin­ti und Roma” des Frank­furter Filmemach­er Adri­an Oeser im Rah­men der Lan­gen Nacht der Men­schen­rechts­film­preise gezeigt. In der Evan­ge­lis­chen Akademie in Frank­furt waren sowohl der Filmemach­er als auch Fati­ma Stieb für den Hes­s­sichen Lan­desver­band anwe­send, um im Anschluss Fra­gen zu dem mit dem Men­schen­recht­spreis aus­geze­ich­nete Film zu beant­worten und mit dem Pub­likum ins Gespräch zu kom­men.

Gedenken an die Deportation der Darmstädter Sinti und Juden am 19. März am Güterbahnhof in Darmstadt

Anlässlich des 80. Jahrestags der Depor­ta­tion Darm­städter Sin­ti und des 81. Jahrestags der ersten Depor­ta­tion von Jüdin­nen und Juden aus Darm­stadt lud die Wis­senschaftsstadt Darm­stadt, der Hes­sis­che Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma, die Jüdis­che Gemeinde Darm­stadt und die Ini­tia­tive Gedenko­rt Güter­bahn­hof am ver­gan­genen Son­ntag zu einem gemein­samen Gedenken in die GALERIE KURZWEIL, am Güter­bahn­hof in Darm­stadt ein.

Sehr erfreut über die vie­len Men­schen, die anlässlich des trau­ri­gen Jahrestages gekom­men waren, eröffnete Renate Dreesen die Ver­anstal­tung und betonte die Sol­i­dar­ität zwis­chen den Opfer­grup­pen der Juden und Jüdin­nen und der der Sin­ti und Roma. Bei­den Grup­pen gemein­sam zu gedenken, die jew­eils vom Güter­bahn­hof ver­schleppt wur­den, sei ein Zeichen zusam­men­zuste­hen im gemein­samen Kampf gegen rechte Het­ze. Es fol­gte eine beken­nende Rede des schei­den­den Ober­bürg­er­meis­ters Jochen Partsch zur gesamt­ge­sellschaftlichen Ver­ant­wor­tung, dass sich Ver­brechen wie diese nicht wieder­holen. Eine ergreifende Rede hielt Maria Strauß vom Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma, die in ihren Aus­führun­gen im Beson­deren auf die Völk­er­mord-Über­lebende Darm­städ­terin Alwine Keck eing­ing. Daniel Neu­mann von der jüdis­chen Gemeinde Darm­stadt the­ma­tisierte das fehlende Bewusst­sein und Wis­sen viel­er Men­schen über die Ver­brechen, die vor 80 Jahren von der deutschen Bevölkerung began­gen oder mit­ge­tra­gen wur­den.

Als beson­der­er Gast war Dr. Mehmet Daimagüler, Antizigan­is­mus­beauf­tragter der Bun­desregierung der Ein­ladung des Bünd­niss­es gefol­gt. Herr Daimagüler bedank­te sich bei den Redner*innen für ihr Engage­ment und ihren Mut ‘unbe­quem zu sein’ und auch die dun­klen Kapi­tel der Geschichte zu erin­nern.

Musikalisch begleit­et und einger­ahmt wurde das Gedenken von dem Sun­ny Franz und Sascha Rein­hardt Duo an Vio­line und Gitarre.

Einen kurzen Bericht zur Ver­anstal­tung sendete die Hes­sen­schau: https://www.hessenschau.de/tv-sendung/gedenken-an-deportierte-juden-und-sinti,video-180980.html

Gedenkstunde in Gießen am 16. März

Am 16. März um 17.00 Uhr fand im Rathaus am Berlin­er Platz in Gießen eine Gedenkstunde anläss­llich des 80. Jahrestages der Depor­ta­tion der Gießen­er Sin­ti statt. Der Hes­sis­chen Lan­desver­band gestal­tete gemein­sam mit der Stadt Gießen und enger Absprache u.A. mit Dez­er­nent Francesco Armann ein gelun­ge­nes Pro­gramm. Der Ober­bürg­er­meis­ter der Stadt Gießen, Frank-Thi­lo Bech­er eröffnete nach einem musikalis­chen Ein­klang die Gedenkstunde mit sein­er Rede. Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Hes­sis­chen Lan­desver­band erin­nerte an Anna Met­tbach, eine Über­lebende des Völk­er­mordes an den Sin­ti und Roma, die nach 1945 wieder nach Gießen zurück­kehrte und anläss­llich der ras­sis­tis­chen Pogrome der 1990er Jahre anf­ing über ihr Leben und Über­leben als Ver­fol­gte des NS-Regimes zu bericht­en und aufzuk­lären. Im Anschluss stell­ten Studierende der Jus­tus-Liebig Uni­ver­sität Biogra­phien der ver­fol­gten Sin­tez­za Anna Met­tbach, Johan­na Klein, Hed­wig Ker­sten und Elis­a­beth Schilling vor. Zum Abschluss gin­gen die Teil­nehmenden gemein­sam zum Mah­n­mal am Berlin­er Platz und schmück­ten es mit Blu­men, während die Namen der am 16. März 1943 ver­schleppten Sin­ti ver­lesen wur­den.

v.l.n.r. Rinal­do Strauß, stel­lvertr. Geschäfts­führer Hess. Lan­de­ver­band , Nina Hei­dt-Som­mer Land­tagsab­ge­ord­nete, Frank-Thi­lo Bech­er Ober­bürg­er­meis­ter, Herr Kirsch und Dez­er­nent Francesco Armann

Ausstellungseröffnung der Mobilen Ausstellung “Der Weg der Sinti und Roma” im StadtRAUM in Frankfurt

Am Fre­itag den 10. März eröffneten das Antidiskri­m­inierungsnet­zw­erk (AdiNet) Rhein Main gemein­sam mit dem Hes­sichen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma die Mobile Ausstel­lung “Der Weg der Sin­ti und Roma” im Stad­tRAUM in Frank­furt am Main. Einen Tag zuvor, am 09. März 2023 jährte sich die Ver­schlep­pung von 99 Sin­ti aus Frank­furt nach Auschwitz-Birke­nau zum 80. Mal. Die Jährung dieses trau­ri­gen Jahrestages nutzen die Koop­er­a­tionspart­ner, um über Antizigan­is­mus aufzuk­lären und die gegen­wär­ti­gen Diskri­m­inierung von Min­der­heit­sange­höri­gen zu sen­si­bil­isieren.

Eröffnet wurde die Vernissage von Lau­ra Mohr und Bîsenk Ergin vom AdiNet Rhein und Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma. Anschließend führte die wis­senschaftliche Mitar­bei­t­erin Alice Reitz in die The­matik der Ausstel­lung ein.

Die Mitarbeiter*innen des AdiNet Rhein Main engagierten sich dafür, dass die Ausstel­lung im städtis­chen Stad­tRAUM und Sitz des Amts für Mul­ti­kul­turelle Angele­gen­heit­en (AmkA) für mehrere Wochen aus­gestellt wer­den kann. Die Ausstel­lung ist bis ein­schließlich 26. Mai 2023 im Stad­tRAUM Mon­tag bis Fre­itag von 10.00–15.00 Uhr zugänglich. Wer die Ausstel­lung besuchen möchte, kann sich per E‑Mail für einen Wun­schter­min anmelden: amka.adinet@stadt-frankfurt.de


Radiointerview anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation der Wiesbadener Sinti bei Radion Rheinwelle

Im Rah­men der Gedenkver­anstal­tun­gen anlässlich des 80. Jahrestages der Depor­ta­tio­nen der Hes­sis­chen Sin­ti im Jahr 1943 war der Lan­desver­band zu einem Radioin­t­er­view bei Radio Rhein­welle ein­ge­laden. Im Gespräch mit Michael Forßbohm beant­worten Alice Reitz und Rinal­do Strauß die Fra­gen zu der Lage der Wies­baden­er Sin­ti. Der Mitschnitt der Radiosendung kann auf Youtube nachge­hört wer­den.

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Gedenken zum 80. Jahrestag der Deportation der Wiesbadener Sinti

Am 8. März 2023 jährte sich die Depor­ta­tion der Wies­baden­er Sin­ti nach Auschwitz-Birke­nau
zum 80. Mal. Anlässlich dieses Tags ver­anstal­tete die Stadt Wies­baden gemein­sam mit dem Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma eine Gedenkver­anstal­tung.

Trotz des erneuten Win­tere­in­bruchs und kalten Tem­per­a­turen besucht­en cir­ca 50 Per­so­n­en die Gedenkver­anstal­tung am Mittwoch um 15 Uhr am Mah­n­mal für die deportierten und ermorde­ten Sin­ti und Roma in der Bahn­hof­s­traße.

Veranstaltungen am 07. März: Dr. Karola Fings zur Verfolgungsgeschichte hessischer Sinti in Wiesbaden und Dr. Anette Leo zur Geschichte der Familie Blum in Gießen

Gemein­sam mit der Stadt Wies­baden gedenkt der Hes­sis­che Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma im März der vor 80. Jahren in vie­len hes­sis­chen Städten deportierten Sin­ti in Wies­baden, Gießen, Darm­stadt, Mar­burg, Hanau, Ful­da und Drei­hausen.

In Wies­baden jährte sich die Depor­ta­tion am 8. März. Bere­its am Vor­abend den 07. März des jährlichen Gedenkens lud der Ver­band gemein­sam mit der Stadt Wies­baden zu einem Vor­trag von Dr. Karo­la Fin­gs ein. Die His­torik­erin und Lei­t­erin des Pro­jek­ts „Enzyk­lopädie des NS-Völk­er­mordes an den Sin­ti und Roma Europas“ sprach im Fest­saal des Rathaus­es Wies­baden ab 19.00 Uhr über die Ver­fol­gungs­geschichte der hes­sis­chen Sin­ti.

Lesung und Buchvorstel­lung von “Das Kind auf der Liste” in Gießen

Am sel­ben Abend fand in Gießen eine Buchvorstel­lung und Lesung des Buchs “Das Kind auf der Liste” statt. Die Ver­anstal­tung war Teil des Rah­men­pro­gramms zum Gedenken der Depor­ta­tion der Gießen­er Sin­ti. Dieser jährt sich am 16. März zum 80. Mal.
Dr. Annette Leo, die Buchau­torin von „Das Kind auf der Liste“, erzählt die Geschichte von Willy Blum, der sechzehn Jahre alt war, als er in Auschwitz Birke­nau ermordet wurde. Über Willy Blum und seine Fam­i­lie wusste man bis­lang nichts. Annette Leo beg­ibt sich in ihrem Buch auf die Suche nach der Geschichte der Fam­i­lie Blum und spricht zugle­ich über das Ver­schweigen ein­er Opfer­gruppe des Nation­al­sozial­is­mus und der Nachkriegszeit: Sin­ti und Roma.
Der Pup­pen­spiel­er Peter Waschin­sky kom­plet­tierte die Lesung aus dem Buch mit Pup­pen­spiel­szenen ganz
unter­schiedlich­er Art. Der Stad­trat Francesco Armann und Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Hes­sis­chen Lan­desver­band waren vor Ort und eröffneten die Ver­anstal­tung mit kurzen Gruß­worten.

Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags des 19. Februar 2020

Am Vor­abend des 19. Feb­ru­ar 2023 ver­anstal­tete die Stadt Darm­stadt gemein­sam mit diversen lokalen zivilge­sellschaftlichen Ini­tia­tiv­en eine Kundge­bung am Karo­li­nen­platz in Darm­stadt. Der Hes­sis­che Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma als Bünd­nis­part­ner sol­i­darisiert sich mit den Kämpfen der Über­leben­den und Ange­höri­gen, um der Opfer zu gedenken und die gesamt­ge­sellschaftlichen Ver­hält­nisse, die zu dieser Tat geführt haben, zu kri­tisieren. Für den 19. Feb­ru­ar mobil­isierte das Darm­städter Bünd­nis nach Hanau. Um 11.00 Uhr startete die Gedenkver­anstal­tung gefol­gt von weit­eren Kundge­bun­gen und ein­er abendlichen Demon­stra­tion.
Die Pressemit­teilung des Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma zum 3. Jahrestag des ras­sis­tis­chen Anschlag in Hanau find­en Sie weit­er unten.

3 Jahre nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau bleibt der Kampf gegen Rassismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Pressemit­teilung des Hes­sis­chen Lan­desver­ban­des Deutsch­er Sin­ti und Roma zur Jährung des Anschlags vom 19. Feb­ru­ar in Hanau.

3 Jahre ist es her, dass Gökhan Gül­tekin, Sedat Gür­büz, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Hamza Kur­tović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Fer­hat Unvar und Kaloy­an Velkov Opfer eines recht­sex­tremen und ras­sis­tis­chen Anschlags wur­den. Der Täter war getrieben von Hass auf all Jene, die nicht in sein Welt­bild passten, die er als anders, als nicht dazuge­hörig, nicht Deutsch wahrnahm. Nach­dem er neun Men­schen ermordete, fuhr er nach Hause, erschoss seine Mut­ter und schließlich sich selb­st.

Der Täter machte in Videobotschaften und Beken­ner­schreiben sein ras­sis­tis­ches Tat­mo­tiv deut­lich. Er ver­trat Ver­schwörungserzäh­lung, die zutief­st von Ras­sis­mus und Anti­semitismus geprägt sind. Mit diesen Ansicht­en ist der Täter jedoch nicht alleine. Der Anschlag in Hanau 2020 geschah in einem gesamt­ge­sellschaftlichen Kli­ma, in dem Men­schen auf Grund ihrer ver­meintlichen Herkun­ft oder ihres Ausse­hens zu Anderen gemacht wur­den und weit­er­hin wer­den und damit zur Pro­jek­tions­fläche für Vorurteile und Stereo­type. So berichtete die Presse in den darauf­fol­gen­den Tagen des 19. Feb­ru­ars zunächst von „Aus­län­der­hass“, die den Täter zu der Tat ver­an­lasste. Doch die Opfer waren keine Aus­län­der. Gökhan Gül­tekin, Sedat Gür­büz, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Hamza Kur­tović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Fer­hat Unvar und Kaloy­an Velkov waren Hanauer Bürger*innen, die in Hanau geboren sind, lebten, arbeit­eten, Fam­i­lie hat­ten. Unter den Opfern befan­den sich drei Men­schen, die der Roma Min­der­heit ange­hörten.

Nach den Anschlä­gen in München und Halle, dem Mord an Wal­ter Lübcke sowie den NSU-Mor­den rei­ht sich Hanau in eine Serie ras­sis­tis­ch­er und rechter Anschläge. Rechter Ter­ror keimt in einem poli­tis­chen Kli­ma, in dem ras­sis­tis­che Het­ze und Schuldzuweisun­gen längst in der soge­nan­nten Mitte der Gesellschaft und den Par­la­menten angekom­men sind. Ras­sis­tis­che Tat­mo­tive wer­den nicht als solche anerkan­nt, ver­harm­lost und zu Einzelfällen von geistig ver­wirrten Tätern her­abge­spielt.

Betrof­fene und Über­lebende von rechter Gewalt und Ange­hörige der Opfer weisen seit Jahren auf die Kon­ti­nu­ität und aktuelle Bedro­hung durch rechte Gewalt hin. Doch oft­mals wird ihnen kein Gehör geschenkt oder sie wer­den sog­ar von Betrof­fe­nen zu Tatverdächti­gen verkehrt. So warteten Ange­hörige von Mer­cedes Kier­pacz in der Tat­nacht stun­den­lang vor dem zweit­en Tatort der Are­na Bar in Hanau Kessel­stadt, um Infor­ma­tio­nen über den Verbleib ihrer Tochter und Schwest­er zu bekom­men. Als die Fam­i­lie sich wegen der Kälte ins Auto zurück­zog, wurde sie gegen 2.00 Uhr in der Nacht von ein­er Son­dere­in­heit bru­tal kon­trol­liert. Mit auf sie gerichteten Schuss­waf­fen, wur­den die Ange­höri­gen aufge­fordert mit erhobe­nen Hän­den auszusteigen. Erst nach mehreren Hin­weisen des Vaters darauf, dass sie Ange­hörige von Mer­cedes sind, wurde die Kon­trolle mit den Worten „Falsch­er Alarm!“ been­det.

3 Jahre nach dem Anschlag bleiben viele Fra­gen der Hin­terbliebe­nen trotz des ein­berufe­nen Unter­suchungsauss­chuss­es unbeant­wortet.

Artikel 1 Absatz 1 des Grundge­set­ztes besagt, ‘die Würde des Men­schen ist unan­tast­bar. Sie zu acht­en und zu schützen ist Verpflich­tung aller staatlichen Gewalt.‘ Der Kampf gegen Ras­sis­mus, Antizigan­is­mus und Anti­semitismus ist nicht die Auf­gabe von Min­der­heit­en, son­dern eine gesamt­ge­sellschaftliche.“, betont Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma. „Ras­sis­mus in seinen unter­schiedlichen Aus­prä­gun­gen zeigt sich in der struk­turellen Gewalt, die Betrof­fene erfahren. Sie reichen von soge­nan­nten Mikro-Aggres­sio­nen zu kör­per­lich­er Gewalt und im schlimm­sten Falle bis zu Mord. Dies hat der Anschlag in Hanau vor drei Jahren gezeigt.“

Hes­sen­weit sind viele dezen­trale Aktio­nen und Demon­stra­tio­nen anlässlich des drit­ten Jahrestages geplant. Gemein­sam mit der Stadt Darm­stadt und vie­len weit­eren zivilge­sellschaftlichen Akteur*innen beteiligt sich der Hes­sis­che Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma am Vor­abend den 18.02.2023 um 19.00 Uhr an der Kundge­bung am Karo­li­nen­platz in Darm­stadt.