Die Anerkennung des Völkermords musste mühsam erkämpft werden.“

Zum Gedenken an den 79. Jahrestag der Märzdeportationen aus Gießen

PRESSEMITTEILUNG DES HESSISCHEN LANDESVERBANDES DEUTSCHER SINTI UND ROMA

Darm­stadt, den 14.03.2022

Am 16. März 1943, vor 79 Jah­ren, wur­den 14 Gießener*innen vom Bahn­hof in Gie­ßen nach Ausch­witz depor­tiert – als Sin­ti und Roma wur­den sie aus der Gesell­schaft aus­ge­schlos­sen und ihrer Ver­nich­tung ent­ge­gen­ge­schickt. So wie ihnen ging es etwa 1.400 Sin­ti und Roma in ganz Hes­sen, die spä­tes­tens ab März 1943 sys­te­ma­tisch und egal wel­chen Alters nach Ausch­witz depor­tiert wurden.

Auch in die­sem Jahr gedenkt der Hes­si­sche Lan­des­ver­band Deut­scher Sin­ti und Roma gemein­sam mit der Stadt Gie­ßen die­ses schreck­li­chen Tages.

Ras­sis­ti­sche Vor­ur­tei­le führ­ten dazu, dass im Natio­nal­so­zia­lis­mus cir­ca 500.000 Sin­ti und Roma aus ganz Euro­pa ermor­det wur­den. Allein mehr als 1.000 hes­si­sche Sin­ti und Roma kehr­ten nicht aus den Lagern zurück. Sie wur­den als ‚aso­zi­al‘ und ‚arbeits­scheu‘ bezeich­net – selbst die klei­nen Kin­der von weni­gen Mona­ten und Jah­ren. Damit recht­fer­tig­te man ihre Ver­nich­tung“, erin­nert Adam Strauß, Vor­sit­zen­der des Ver­band Deut­scher Sin­ti und Roma – Lan­des­ver­band Hes­sen. „Wir dür­fen nicht ver­ges­sen, dass es kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit ist, dass wir auch in die­sem Jahr gemein­sam geden­ken. In den ers­ten drei­ßig Jah­ren nach dem Krieg wur­den wir Sin­ti und Roma wei­ter als ver­meint­li­che Ver­bre­cher behan­delt, die angeb­lich nicht ras­sis­tisch ver­folgt wor­den sei­en. Die Aner­ken­nung der Ver­fol­gung und des Völ­ker­mor­des muss­te müh­sam erkämpft wer­den. Sich an die Opfer zu Erin­nern und auch auf die bis heu­te wei­ter­hin bestehen­den Vor­ur­tei­le auf­merk­sam zu machen, ist wich­tig, um die Gegen­wart zu ver­ste­hen – nicht weil es heu­te ist wie frü­her, wie man­che Men­schen behaup­ten. Son­dern um auf­merk­sam zu sein, wenn bei­spiels­wei­se jetzt an den Gren­zen zur Ukrai­ne wie­der die Haut­far­be und nicht die ver­zwei­fel­te Flucht vor Gewalt und Krieg ent­schei­det, ob Men­schen will­kom­men gehei­ßen wer­den, oder nicht.“

Das Geden­ken fin­det am 16. März am Mahn­mal für die Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus statt und kann ab 17.00 Uhr auf der Home­page der Stadt Gie­ßen nach­ge­schaut wer­den. Neben Roma­no Strauß, der als Ver­tre­ter des Lan­des­ver­ban­des ein Gruß­wort hält, hält auch der Gie­ße­ner Ober­bür­ger­meis­ter Frank-Tilo Becher eine Rede und wird die Namen der Depor­tier­ten verlesen.

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