Die Behandlung der obdachlosen Roma durch Stadt und Bürger ist geschichtsvergessen und unmenschlich
Darmstadt, 21.10.2016
Seit Wochen sah sich eine Gruppe obdachlos gewordener rumänischer Roma dazu gezwungen, im Freien vor der Frankfurter Weißfrauenkirche unter menschenunwürdigen Bedingungen zu übernachten. Die ohnehin große Not der Menschen wurde dadurch noch verstärkt, dass Anwohner und Passanten die Menschen verbal und auch körperlich angriffen; unter anderem sollen Personen Eier auf die obdachlosen Menschen geworfen haben.
Die Betroffenen gehören den Roma an und sind damit Nachkommen der Überlebenden des nationalsozialistischen Völkermords an den Sinti und Roma. In ganz Europa wurden zur Nazizeit Sinti und Roma entrechtet, deportiert und verfolgt. Geschätzte 500.000 Menschen wurden – vom Kleinkind bis zum Greis – von deutschen Soldaten und SS sowie verbündeteter militärischer Verbände ermordet. Wie der Völkermord an den Juden geht dem Völkermord an den europäischen Sinti und Roma eine jahrhundertelange Vorgeschichte der Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung voran. Auf Sinti und Roma sind über Jahrhunderte “Zigeunerbilder” projeziert worden. Auch heute stellen diese Vorurteile und Stereotype Sinti und Roma gegenüber, wissenschaftlich als “Antiziganismus” bezeichnet, die am weitesten verbreitete gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland und Europa dar. Massive Diskriminierungen, in Osteuropa bis hin zu Verfolgung und Mord, sind die Folge.
“Dass die Stadt Frankfurt die B‑Ebene der Hauptwache als Sozialwohnung für die in ihrem Heimatland an den Rand der Gesellschaft gedrängten und auch hier in Frankfurt attackierten Menschen betrachtet, ist ein politisches Armutszeugnis” erklärt Adam Strauß, Vorsitzender des Landesverbands und ergänzt: “Dass es nun ein Privatmann ist, der sich der Menschen annimmt, zeugt von dessen Mitgefühl und Menschenliebe. Es zeigt aber auch, wie sehr die Stadt ihre Pflicht gegenüber Hilfsbedürftigen vernachlässigt.”
“Zuwandernde Roma werden von der Politik in der jahrhundertealten rassistischen Tradition weiterhin als Sicherheitsproblem wahrgenommen. Es schmerzt mich, dass die soziale Kälte und die Geschichtsvergessenheit so groß ist, dass bedürftige Menschen von der Frankfurter Bürgerschaft nicht unterstützt, sondern angegriffen werden”, so Adam Strauß abschließend.