Pressemitteilung anlässlich des 80. Jahrestag der Deportation der Darmstädter Sinti

Die Wis­sen­schafts­stadt Darm­stadt, der Hes­si­sche Lan­des­ver­band Deut­scher Sin­ti und Roma
und die Initia­ti­ve Gedenk­ort Güter­bahn­hof laden in Koope­ra­ti­on mit der Jüdi­schen Gemein­de
Darm­stadt anläss­lich des 80. Jah­res­tags der Depor­ta­ti­on der Darm­städ­ter Sin­ti am 15. März
1943 und dem 81. Jah­res­tag der ers­ten Depor­ta­ti­on von Juden und Jüdin­nen aus Darm­stadt am
Sonn­tag, 19. März, um 11 Uhr zu einer gemein­sa­men Gedenk­stun­de an den Darm­städ­ter
Güter­bahn­hof, Bismarckstraße/Ecke Kir­schen­al­lee, 64293 Darm­stadt ein.


Im März jäh­ren sich zwei schreck­li­che Ereig­nis­se, denen wir auch in die­sem Jahr gemein­sam
mit dem Hes­si­schen Lan­des­ver­band Deut­scher Sin­ti und Roma und der Jüdi­schen Gemein­de
geden­ken“, so Ober­bür­ger­meis­ter Jochen Partsch. „80 Jah­re ist es her, dass 69 Darm­städ­ter
Sin­ti am 15. März 1943 bru­tal aus ihren Woh­nun­gen, von ihrem Arbeits­platz oder der Schu­le
ver­schleppt und gan­ze Fami­li­en in Güter­wag­gons nach Ausch­witz-Bir­ken­au depor­tiert wur­den.
Und 81 Jah­re sind es, seit­dem die ers­ten Depor­ta­tio­nen von Juden und Jüdin­nen aus ganz
Süd­hes­sen am 20. März 1942 vom Güter­bahn­hof in Darm­stadt abgin­gen. Ein Ver­bre­chen, das in
der Mit­te die­ser Stadt geschah. Am 19. März geden­ken wir die­ses schreck­li­chen Völ­ker­mor­des,
aus Respekt vor den Toten und ihren Fami­li­en, aber auch, um uns dar­an zu erin­nern, dass es unse­re Bür­ger­pflicht ist, spal­ten­den, aus­gren­zen­den, ras­sis­ti­schen Ten­den­zen in der Stadt­ge­sell­schaft ent­schie­den ent­ge­gen­zu­tre­ten, damit sich eine sol­che Grau­sam­keit nie­mals wie­der­ho­len kann.“


Ohne den his­to­risch gewach­se­nen Anti­zi­ga­nis­mus, der sich seit Jahr­hun­der­ten in der
euro­päi­schen Gesell­schaft ver­fes­tigt hat­te, wäre der Völ­ker­mord an 500.000 Sin­ti und Roma
nicht mög­lich gewe­sen“, erin­nert Rinal­do Strauß, stell­ver­tre­ten­der Geschäfts­füh­rer des
Hes­si­schen Lan­des­ver­bands Deut­scher Sin­ti und Roma. „Vie­le ras­sis­ti­sche Zerr­bil­der exis­tie­ren
bereits seit über 600 Jah­ren. Damit konn­ten die Nürn­ber­ger Ras­se­ge­set­ze von 1935 naht­los an
bestehen­de anti­zi­ga­nis­ti­sche Denk­wei­sen in wei­ten Tei­len der Bevöl­ke­rung anknüp­fen. Doch
auch nach 1945 ist Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus und Anti­zi­ga­nis­mus nicht ver­schwun­den.
Grup­pen­be­zo­ge­ne Men­schen­feind­lich­keit ist auch in unse­rer heu­ti­gen Gesell­schaft prä­sent. Ihr
gemein­sam ent­schlos­sen ent­ge­gen­zu­tre­ten ist eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be.“
„Das, was uns auch zum 80. Jah­res­tag der Depor­ta­tio­nen von Sin­ti und Roma in das
Ver­nich­tungs­la­ger Ausch­witz noch immer tief ver­stö­ren muss, ist nicht allein die Tat­sa­che, dass
solch men­schen­ver­ach­ten­de Plä­ne in den Köp­fen deut­scher Büro­kra­ten erdacht wur­den.
Son­dern vor allem die Erkennt­nis, dass die Darm­städ­ter meist wider­spruchs­los zusa­hen,
weg­sahen oder mit­hal­fen, Men­schen aus ihrer Mit­te her­aus in den siche­ren Tod zu ver­frach­ten,
weil man ihnen auf­grund bestimm­ter Zuschrei­bun­gen das Mensch­sein absprach. Dies nicht zu
ver­ges­sen und men­schen­ver­ach­ten­den Hal­tun­gen früh­zei­tig und enga­giert ent­ge­gen­zu­tre­ten ist
blei­ben­de Ver­pflich­tung aller nach­fol­gen­den Genera­tio­nen“, ergänzt Dani­el Neu­mann,
Vor­sit­zen­der der Jüdi­schen Gemein­de Darmstadt.


Als beson­de­rer Gast wird Dr. Meh­met Dai­ma­gü­ler, Anti­zi­ga­nis­mus­be­auf­trag­ter der
Bun­des­re­gie­rung aus Ber­lin anrei­sen und in sei­ner Rede auf die Ver­bin­dun­gen zwi­schen dem
Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Völ­ker­mord an den euro­päi­schen Sin­ti und Roma und der heu­ti­gen
Situa­ti­on von Ange­hö­ri­gen der natio­na­len Min­der­heit in Deutsch­land ein­ge­hen.
Musi­ka­lisch ein­ge­rahmt wird das Geden­ken durch das Sun­ny Franz und Sascha Rein­hardt Duo
an Gei­ge und Gitarre.


Wei­te­re Aus­kunft zur Ver­an­stal­tung gibt es per Tele­fon 06151 377740 oder per E‑Mail
verband@sinti-roma-hessen.de.