3 Jahre nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau bleibt der Kampf gegen Rassismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Pressemit­teilung des Hes­sis­chen Lan­desver­ban­des Deutsch­er Sin­ti und Roma zur Jährung des Anschlags vom 19. Feb­ru­ar in Hanau.

3 Jahre ist es her, dass Gökhan Gül­tekin, Sedat Gür­büz, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Hamza Kur­tović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Fer­hat Unvar und Kaloy­an Velkov Opfer eines recht­sex­tremen und ras­sis­tis­chen Anschlags wur­den. Der Täter war getrieben von Hass auf all Jene, die nicht in sein Welt­bild passten, die er als anders, als nicht dazuge­hörig, nicht Deutsch wahrnahm. Nach­dem er neun Men­schen ermordete, fuhr er nach Hause, erschoss seine Mut­ter und schließlich sich selb­st.

Der Täter machte in Videobotschaften und Beken­ner­schreiben sein ras­sis­tis­ches Tat­mo­tiv deut­lich. Er ver­trat Ver­schwörungserzäh­lung, die zutief­st von Ras­sis­mus und Anti­semitismus geprägt sind. Mit diesen Ansicht­en ist der Täter jedoch nicht alleine. Der Anschlag in Hanau 2020 geschah in einem gesamt­ge­sellschaftlichen Kli­ma, in dem Men­schen auf Grund ihrer ver­meintlichen Herkun­ft oder ihres Ausse­hens zu Anderen gemacht wur­den und weit­er­hin wer­den und damit zur Pro­jek­tions­fläche für Vorurteile und Stereo­type. So berichtete die Presse in den darauf­fol­gen­den Tagen des 19. Feb­ru­ars zunächst von „Aus­län­der­hass“, die den Täter zu der Tat ver­an­lasste. Doch die Opfer waren keine Aus­län­der. Gökhan Gül­tekin, Sedat Gür­büz, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Hamza Kur­tović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Fer­hat Unvar und Kaloy­an Velkov waren Hanauer Bürger*innen, die in Hanau geboren sind, lebten, arbeit­eten, Fam­i­lie hat­ten. Unter den Opfern befan­den sich drei Men­schen, die der Roma Min­der­heit ange­hörten.

Nach den Anschlä­gen in München und Halle, dem Mord an Wal­ter Lübcke sowie den NSU-Mor­den rei­ht sich Hanau in eine Serie ras­sis­tis­ch­er und rechter Anschläge. Rechter Ter­ror keimt in einem poli­tis­chen Kli­ma, in dem ras­sis­tis­che Het­ze und Schuldzuweisun­gen längst in der soge­nan­nten Mitte der Gesellschaft und den Par­la­menten angekom­men sind. Ras­sis­tis­che Tat­mo­tive wer­den nicht als solche anerkan­nt, ver­harm­lost und zu Einzelfällen von geistig ver­wirrten Tätern her­abge­spielt.

Betrof­fene und Über­lebende von rechter Gewalt und Ange­hörige der Opfer weisen seit Jahren auf die Kon­ti­nu­ität und aktuelle Bedro­hung durch rechte Gewalt hin. Doch oft­mals wird ihnen kein Gehör geschenkt oder sie wer­den sog­ar von Betrof­fe­nen zu Tatverdächti­gen verkehrt. So warteten Ange­hörige von Mer­cedes Kier­pacz in der Tat­nacht stun­den­lang vor dem zweit­en Tatort der Are­na Bar in Hanau Kessel­stadt, um Infor­ma­tio­nen über den Verbleib ihrer Tochter und Schwest­er zu bekom­men. Als die Fam­i­lie sich wegen der Kälte ins Auto zurück­zog, wurde sie gegen 2.00 Uhr in der Nacht von ein­er Son­dere­in­heit bru­tal kon­trol­liert. Mit auf sie gerichteten Schuss­waf­fen, wur­den die Ange­höri­gen aufge­fordert mit erhobe­nen Hän­den auszusteigen. Erst nach mehreren Hin­weisen des Vaters darauf, dass sie Ange­hörige von Mer­cedes sind, wurde die Kon­trolle mit den Worten „Falsch­er Alarm!“ been­det.

3 Jahre nach dem Anschlag bleiben viele Fra­gen der Hin­terbliebe­nen trotz des ein­berufe­nen Unter­suchungsauss­chuss­es unbeant­wortet.

Artikel 1 Absatz 1 des Grundge­set­ztes besagt, ‘die Würde des Men­schen ist unan­tast­bar. Sie zu acht­en und zu schützen ist Verpflich­tung aller staatlichen Gewalt.‘ Der Kampf gegen Ras­sis­mus, Antizigan­is­mus und Anti­semitismus ist nicht die Auf­gabe von Min­der­heit­en, son­dern eine gesamt­ge­sellschaftliche.“, betont Rinal­do Strauß, stel­lvertre­tender Geschäfts­führer des Hes­sis­chen Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma. „Ras­sis­mus in seinen unter­schiedlichen Aus­prä­gun­gen zeigt sich in der struk­turellen Gewalt, die Betrof­fene erfahren. Sie reichen von soge­nan­nten Mikro-Aggres­sio­nen zu kör­per­lich­er Gewalt und im schlimm­sten Falle bis zu Mord. Dies hat der Anschlag in Hanau vor drei Jahren gezeigt.“

Hes­sen­weit sind viele dezen­trale Aktio­nen und Demon­stra­tio­nen anlässlich des drit­ten Jahrestages geplant. Gemein­sam mit der Stadt Darm­stadt und vie­len weit­eren zivilge­sellschaftlichen Akteur*innen beteiligt sich der Hes­sis­che Lan­desver­band Deutsch­er Sin­ti und Roma am Vor­abend den 18.02.2023 um 19.00 Uhr an der Kundge­bung am Karo­li­nen­platz in Darm­stadt.

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