An Montag den 23.05.2022 unterzeichneten Adam Strauß, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Hessen und der Ministerpräsident Hessens Volker Bouffier einen neuen Staatsvertrag. In diesem Staatsvertrag werden die Mittel für den Landesverband Deutscher Sinti und Roma ab dem Jahr 2025 erhöht und somit die Arbeit des Landesverbandes für die nächsten zehn Jahre sichergestellt, denn die Laufzeit des neuen Staatsvertrages beträgt zehn Jahre.
Nach dieser Unterzeichnung stimmt noch der Landtag über den Staatsvertrag ab.
Ziele des neuen Staatsvertrages:
Mit der kontinuierlichen Arbeit soll die gesellschaftliche Teilhabe der nationalen Minderheit der Sinti und Roma verbessert werden. Zudem klärt der Landesverband über Antiziganismus auf und wirkt diesem entgegen.
Für die kommenden Jahre plant der Landesverband die Einrichtung des neuen Anna Mettbachzentrums. In dem Zentrum wird auch eine Dauerausstellung zu der Geschichte der Sinti und Roma und dem Thema Antiziganismus eröffnet werden.
Die App „Sinti und Roma in Hessen“ gibt es bereits für die Stadt Darmstadt. Sie soll für weitere hessische Städte und Orte veröffentlicht werden.
Am 18. Mai führte der Landesverband zusammen mit der Geschichtswerkstatt der Bertholt-Brecht-Schule einen Stadtrundgang zum Thema Widerstand durch. Der Stadtrundgang befasste sich mit verschiedenen Formen und Orten des Widerstandes von Sinti und Roma in Darmstadt vom Nationalsozialismus bis heute.
Hierbei wurde auch nochmal die neue App des Landesverbandes vorgestellt. Die App erreichen Sie unter: https://siro-hessen.app/
App-Release: Mit der SiRo-App auf den Spuren von Sinti und Roma in Hessen & Gedenken an den Jahrestag des Aufstandes von Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau am 16. Mai 1944
Anlässlich des 78. Gedenktag an den Aufstand von Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau am 16. Mai 1944 veröffentlicht der Verband Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Hessen sein neuestes Projekt: die SiRo-App. Mit ihr kann man spielerisch mehr über die Geschichte und Gegenwart von Sinti und Roma in Hessen erfahren. »Mit der SiRo-App wollen wir Geschichten von Sinti und Roma in Hessen sichtbarer machen. Dabei geht es darum Diskriminierung und Verfolgung zu dokumentieren und gerade auch diejenigen, die Opfer des nationalsozialistischen Völkermords wurden, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen – das ist quasi wie eine Art digitaler Stolperstein. Aber es geht auch um den Widerstand, der geleistet wurde, sei es in der Geschichte, im Zuge der Bürgerrechtsbewegung seit den 1970er Jahren oder heute«, so Adam Strauß, der Vorsitzende des Verbandes.
Die App startet mit Informationen zu Darmstadt und zu Denkmälern in Hessen. Nach und nach werden die Informationen zu anderen Städten und Gemeinden ergänzt.
Mit der App, die man bei Bedarf auch einfach über den Browser auf dem PC nutzen kann, können Orte besucht, Biografien recherchiert oder thematische Stadtrundgänge gemacht werden. Wer den Standort seines Smartphones freigibt, kann sich auch an die jeweiligen Orte und navigieren lassen. Und wer ganz neu im Thema oder weitergehend interessiert ist, erhält über die App weiterführende Informationen auch über Hessen hinaus.
Technisch und gestalterisch wurde die App vom Frankfurter Institut für Gebrauchsgrafik entwickelt, wo man sich für eine sogenannte Web-App entschieden hat: »Wir wollten bei einem so wichtigen Thema möglichst viele unterschiedliche Zugänge ermöglichen. Die App lässt sich wie eine Karten-App auf dem Mobiltelefon unterwegs verwenden, man kann sie aber auch im Browser wie eine Website nutzen – beispielsweise im Schulunterricht«, berichtet Martin Spencer, eine*r der Entwickler*innen des Instituts für Gebrauchsgrafik, »außerdem war es wichtig, eine Struktur zu schaffen, die kontinuierlich erweitert werden kann.«
»Unser Ziel ist es schließlich, die hessische Geschichte von Sinti und Roma möglichst umfassend zu dokumentieren und das gerade jetzt, wo rechte Gesinnungen wieder auf dem Vormarsch sind“, ergänzt Adam Strauß. »Wer uns dabei mit Informationen unterstützen möchte, kann sich gerne bei uns melden, denn gerade zu vielen kleineren Städten und Gemeinden gibt es bisher oft nur wenige Informationen.«
Seit über 600 Jahren leben Sinti in Europa und fast ebenso lange gibt es Bilder, die sie zeigen – oder zeigen könnten. Denn historische Bildwerke insbesondere die Kunst sind keine Spiegel der Wirklichkeit, sondern brechen und verzerren die Realität oder projizieren eigene Vorstellungen von Angst und Faszination gegenüber dem Fremden. In drei Etappen schauen wir auf diese Entwicklungen: auf Reisende und Handleserinnen in der Frühen Neuzeit, eine doppelte Bohème in der Moderne und die Popkultur und Emanzipation von Sinti und Roma in der Gegenwart.
Für den 16. Mai organisiert die Geschichtswerkstatt der Bertholt-Brecht-Schule zwei Veranstaltungen:
Lesung: „Die Schatten von Auschwitz und die Wunden meiner Eltern“
Um 17.00 findet am Mahnmal für die aus Darmstadt deportierten Sinti eine Lesung anlässlich des 78. Jahrestages des Aufstandes der Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau unter dem Titel „Die Schatten von Auschwitz und die Wunden meiner Eltern“ statt.
Schüler:innen der Bertolt-Brecht-Schule und Studentinnen der TU-Darmstadt lesen aus Zeitzeugenberichten Überlebender wie der Darmstädterin Alwine Keck, berichten über Flucht und Widerstand von Oscar und Vinzenz Rose sowie den Aufstand der Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau.
Vortrag: Bilder und Zerrbilder von Sinti und Roma in der Kunst (Peter Bell)
Um 19.00 findet ein Vortrag unter dem Thema: “Bilder und Zerrbilder von Sinti und Roma in der Kunst” von Peter Bell im Neuen Foyer der Bertolt-Brecht-Schule Darmstadt, Kranichsteiner Straße 84 statt.
Seit über 600 Jahren leben Sinti in Europa und fast ebenso lange gibt es Bilder, die sie zeigen – oder zeigen könnten. Denn historische Bildwerke insbesondere die Kunst sind keine Spiegel der Wirklichkeit, sondern brechen und verzerren die Realität oder projizieren eigene Vorstellungen von Angst und Faszination gegenüber dem Fremden. In drei Etappen schauen wir auf diese Entwicklungen: auf Reisende und Handleserinnen in der Frühen Neuzeit, eine doppelte Bohème in der Moderne und die Popkultur und Emanzipation von Sinti und Roma in der Gegenwart.
Musikalisch begleitet wird dieser durch das Streichquartett der Viktoriaschule Darmstadt unter der Leitung von Christina Troeger.
Die Veranstaltungen werden mit einem Grußwort von Rinaldo Strauß, Verband Deutscher Sinti & Roma, Landesverband Hessen, eröffnet.
PRESSEMITTEILUNG DES HESSISCHEN LANDESVERBANDES DEUTSCHER SINTI UND ROMA
Am 08.04.2022, dem internationalen Roma Tag, kam es zu einem antiziganistischen Vorfall am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe. In Hanau stieg eine Gruppe von 34 geflüchteten ukrainischen Roma in den ICE 370 von Basel Hauptbahnhof nach Berlin Ostbahnhof zu. Nachdem die Gruppe zugestiegen war, gab es während der Zugfahrt eine Durchsage: „Aufgrund von gegeben Anlass möchten wir Sie darum bitten Ihre Wertsachen bei sich am Körper zu tragen.“ Wir gehen davon aus, dass dieser „gegebene Anlass“ die geflüchteten Roma waren. Da dies eine Kriminalisierung ist werten wir diese Durchsage als antiziganistische Diskriminierung. Aus bisher nicht bekannten Gründen sprachen die Bahnmitarbeiter der geflüchteten Gruppe ihren Flüchtlingsstatus ab und riefen die Bundespolizei. Sie warfen der Gruppe „fahren ohne Fahrschein“ und „aggressives Betteln“ vor, obwohl ukrainische Geflüchtete kostenlos die Deutsche Bahn benutzen können. Am Bahnhof „Kassel Wilhelmshöhe“ zwangen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Deutschen Bahn und der Bundespolizisten die Gruppe zum aussteigen. Dabei soll ein Polizeibeamter mehrfach gesagt haben, sie würden jetzt „durchgehen und aussortieren“. Bei der darauf folgenden Durchsuchung am Bahngleis waren die Bundespolizisten bewaffnet und ein Polizist führte einen Schäferhund mit.
Der Vorsitzende des hessischen Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Adam Strauß hatte direkt nach dem Vorfall die Bundespolizei kontaktiert und lückenlose Aufklärung gefordert. Er kommentiert weiter:
„Auch wenn dies nicht der erste antiziganistische Vorfall in Zusammenhang mit der Fluchtbewegung aus der Ukraine ist, schockiert mich ein solcher Vorfall sehr. Unter den ukrainischen Geflüchteten befinden sich viele Roma. Dabei wird geflüchteten Roma immer wieder ihr Flüchtlingsstatus abgesprochen. Die Gruppe wird kriminalisiert und es wird geflüchteten Roma unterstellt, sich Leistungen erschleichen zu wollen. Das sind antiziganistische Vorurteile, die aufgeklärt gehören. Diese Gruppe der geflüchteten Roma mussten in ihrem Land schon sehr viel Leid erfahren. Auf ihrer Flucht in ein sicheres Land werden sie nun zusätzlich antiziganistisch diskriminiert. Unter den ukrainischen Kriegsgeflüchteten darf es nicht Geflüchtete erster und zweiter Klasse geben. Das rassistische Vorgehen der Bahn-Mitarbeiter und der Bundespolizei muss aufgeklärt werden. Grade in einer solchen Situation brauchen alle Geflüchteten Hilfe und alle beteiligten Personen und Institutionen sollten sich mit antiziganistischer Diskriminierung auseinandersetzen.“
Der Landesverband Deutscher Sinti und Roma Hessen fordert eine schnellstmögliche Aufklärung der Vorfälle. Außerdem fordern wir von der Deutschen Bahn, der DB-Sicherheit und der Bundespolizei, dass Mitarbeitende an Sensibilisierungsmaßnahmen teilnehmen. Aus diesen Vorfällen müssen strukturelle Konsequenzen gezogen werden.
Am 26. März fand in Kooperation mit dem Historischen Museum Frankfurt und der Initiative Faites votre jeu! eine Dialogführung durch die Ausstellung „Frankfurt und der NS“ statt.
Im Rahmen der Führung beleuchtete Dr. Katharina Rhein als Mitarbeiterin des Landesverbandes verschiedene Aspekte der Verfolgungsgeschichte von Sinti und Roma. Nach einem kurzen Einblick über die Geschichte von Sinti und Roma in Frankfurt, für die sich der erste urkundliche Beleg 1418 findet, wurde neben der Situation während der NS-Zeit auch über die letzten Jahre der Weimarer Republik gesprochen, denn die Stadt Frankfurt hatte hier eine gewisse Vorreiterrolle hinsichtlich diskriminierender Maßnahmen und richtete schon 1929 ein sogenanntes Konzentrationslager an der Friedberger Landstraße ein.
Die sich ab 1933 verschärfenden Maßnahmen gegen Sinti und Roma wurden anhand von Beispielen und der Rolle von Institutionen, wie der Polizei, der Fürsorge, der Universität oder des Gesundheitsamtes beleuchtet. Wie der Antiziganismus und die damit verbundenen Maßnahmen Frankfurter Bürger*innen zu „Zigeunern“ machten, wurde anschaulich am Beispiel der Familie Adler besprochen. Immer wieder ging es auch um die Nachkriegsgeschichte und die Kontinuitäten nach 1945 bis hin zur Frage von Erinnerung an die Verbrechen heute.
Durch die aufgeschlossene und interessierte Gruppe von Teilnehmenden kam es zu einem Dialog, der nicht nur die unterschiedlichen Beteiligten, die an diesem Tag durch die Ausstellung führten, einschloss. Aus unserer Sicht, Dank aller Beteiligten, eine sehr gelungene Veranstaltung!
Am 24.3.2022 gaben Ina Hammel und Katharina Rhein eine Fortbildung im Rahmen des Fortbildungsangebots von lea, der Bildungsgesellschaft der GEW Hessen. Die digitale Fortbildung war gut besucht und das keineswegs nur von Lehrkräften, sondern von Personen, die an unterschiedlichen Bereichen des Bildungssystems oder an Übergangsstellen zwischen Schule und Beruf arbeiten. Wer die Veranstaltung bisher nicht besuchen konnte, aber Interesse daran hat, kann sich auf eine weitere Fortbildung in diesem Rahmen im Oktober 2022 freuen. Nähere Informationen dazu gibt es hier.
„Die Nationalsozialisten sahen keinen Grund die Deportationen zu verstecken.“
PRESSEMITTEILUNG DES HESSISCHEN LANDESVERBANDES DEUTSCHER SINTI UND ROMA
Darmstadt, den 21.03.2022
Am 23. März 1943 wurden 78 Marburger und Marburgerinnen und Menschen aus der Umgebung vom Gleis 5 des Marburger Hauptbahnhofes aus nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Der einzige Grund: sie waren Sinti. Auf Grundlage des im Dezember 1942 veröffentlichten Auschwitz-Erlasses durch Heinrich Himmler wurden im März 1943 alle Sinti und Roma, die gefasst werden konnten, nach Auschwitz-Birkenau deportiert. In Marburg war das jüngste Kind zwei Monate alt.
Am 23. März 2022 gedenkt der Hessische Landesverband Deutscher Sinti und Roma zusammen mit der Stadt Marburg mit einer Kranzniederlegung allen verfolgten und deportierten Sinti und Roma.
„Unter den deportierten Sinti war auch mein Onkel Adam Strauß. Am helllichten Tag musste er und die Anderen vom Landratsamt durch die Stadt zum Bahnhof marschieren. Das zeigt, dass die Nationalsozialisten keinen Grund sahen ihr Handeln zu verstecken. Zuvor hatte mein Onkel als Soldat gedient, wurde jedoch 1941 aus der Wehrmacht ausgeschlossen, weil er Sinto war und arbeitete als Kraftfahrer. Trotzdem wurde er – so wie alle Sinti und Roma, egal ob Kind oder Erwachsener – als ‚arbeitsscheu‘ verfolgt und deportiert. Was er in Auschwitz erleiden musste ist in seinen Grausamkeiten kaum vorstellbar und dennoch wurde sein Antrag auf Rente 1958 zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass man ihn in seiner ‚Wehleidigkeit‘ nicht unterstützen sollte.“, erinnert sich Adam Strauß, Vorsitzender des Hessischen Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma „Den Völkermord im Nationalsozialismus überlebten circa 500.000 europäische Sinti und Roma nicht. Diejenigen, die überlebten trugen tiefe Wunden körperlich und seelisch. Dass dieses Leid bis vor fast genau 40 Jahren, dem 17. März 1982, nicht anerkannt wurde, war für viele eine unglaubliche Belastung. Unser Erinnern heute ist auch ein Symbol für die Überlebenden und ihre Hinterbliebenen, dass wir hinsehen und ihr Leid nicht vergessen. Das Erinnern ist aber auch wichtig für uns als Gesellschaft, um nicht zu vergessen welche Vorurteile und Ausgrenzungen zum Völkermord führen konnten. Damit Rassismus als solcher Erkannt und Benannt werden kann, wenn Hautfarbe und nicht die Flucht vor Krieg und Gewalt darüber entschiedet, ob und wie die Menschen über die Grenzen Europas kommen können, oder nicht.“
An der Gedenkveranstaltung hält Romano Strauß als Vertreter des Hessischen Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma, neben dem Marburger Oberbürgermeister Thomas Spieß ein Grußwort. Gemeinsam werden sie einen Kranz an der Gedenktafel am Marburger Landratsamt ablegen. Aufgrund der aktuellen Infektionslage wird die Gedenkveranstaltung aufgezeichnet und die Videos werden auf der Homepage der Stadt Marburg (www.marburg.de) veröffentlicht.
Anlässlich des 79. Jahrestages der Deportation von Sinti aus Wiesbaden am 8. März 1943 und aus Gießen am 16. März 1943 fanden in beiden Städten Gedenkveranstaltungen statt.
Wiesbaden
In Wiesbaden fand die Gedenkveranstaltung am Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma statt. Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende hielt eine Rede, ebenso wie Fatima Stieb, die für den Landesverband sprach. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch den jungen Sinto und Geiger June Heilig und dessen Vater Sergej Hartmann. Als Vertreter der Kirchen sprachen Pfarrer Andreas Günther und Thomas Weinert.
Gießen
InGießen sprachen Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher und Maria Strauß für den Landesverband. Anschließend verlas Stadtverordnetenvorsteher Joachim Grußdorf die Namen der Deportierten und Pfarrer Dr. Gabriel Brand, Pfarrer für Evangelische Stadtkirchenarbeit und Gesellschaftliche Verantwortung im Evangelischen Dekanat Gießen, sprach ein Gebet. Abschließend wurde das Mahnmal zur Erinnerung an die im Nationalsozialismus Verfolgten von den genannten sowie von Romano Strauß und Francesco Arman mit Blumen geschmückt, um an die Opfer zu erinnern.
Am 20. März gedachten am Darmstädter Güterbahnhof die Stadt Darmstadt, der Landesverband Deutscher Sinti und Roma, die Jüdische Gemeinde und die Initiative Denkzeichen Güterbahnhof dem 79. Jahrestag der Märzdeportationen der Sinti und Roma aus Darmstadt, sowie dem 80. Jahrestag der ersten Deportation von Jüdinnen und Juden aus Darmstadt.
Die Gedenkveranstaltung fand öffentlich statt und so nahmen auch ca. 80 darmstädter Bürger*innen an der Veranstaltung teil. Maria Strauß sprach für den Hessischen Landesverband und erinnerte an Ihre Mutter Anna Keck, welche mit 68 anderen Sinti nach Auschwitz deportiert wurde. Neben Maria Strauß sprachen Barbara Akdeniz (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) für die Stadt Darmstadt, Renate Dreesen für das Denkzeichen Güterbahnhof und Alexander Stoler für die Darmstädter jüdische Gemeinde.
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch den jungen Geiger June Heilig, begleitet durch seinen Vater Sergej Hartmann (Akkordeon) sowie Richard Blum (Kontrabass).
Heute vor 40 Jahren, am 17. März 1982, lud der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt Vertreter*innen der deutschen Sinti und Roma zu sich in das Kanzleramt in Bonn ein. Im Anschluss wurde das folgende Statement veröffentlicht:
„Den Sinti und Roma ist durch die NS-Diktatur schweres Unrecht zugefügt worden. Sie wurden aus rassischen Gründen verfolgt. Diese Verbrechen haben den Tatbestand des Völkermords erfüllt.“
Helmut Schmidt, 17. März 1982
Mit diesen Worten erkannte der damalige Bundespräsident Helmut Schmidt erstmalig den Völkermord an den Sinti und Roma offiziell für die deutsche Bundesregierung an. 37 Jahre hat es nach Ende des Zweiten Weltkrieges gedauert, bis das Leid unserer Minderheit von der Bundesregierung anerkannt wurde. Vorangegangen waren harte Kämpfe der Bürgerrechtsbewegung gegen eine fehlende Entschädigung und eine weitergehende Diskriminierung sowie für die Anerkennung des nationalsozialistischen Völkermordes an den Sinti und Roma. Noch 1956 urteilte der Bundesgerichtshof, dass Sinti und Roma nicht aus rassistischen Gründen verfolgt wurden. Lange wurde dies noch so juristisch angewendet und es dauerte bis 2016, dass sich die Präsidentin des Bundesgerichtshof für dieses Urteil entschuldigte. Auch gesellschaftlich wurden Sinti und Roma nicht als Opfergruppe wahrgenommen und die Kontinuitäten der Diskriminierung zu wenig in Frage gestellt.
Aus diesem Grund waren die Worte Helmut Schmidts so wichtig: für die Überlebenden, die Hinterbliebenen und die Gesellschaft. Sie stellten einen Bruch zu vorangegangenen Rechtfertigungen und Leugnungen des Völkermordes an den Sinti und Roma dar.
Im Nationalsozialismus wurden circa. 500.000 europäische Sinti und Roma ermordet.