Frankfurter Fachtag zu Sozialer Arbeit

Am 21. Novem­ber 2019 fand an der Frank­furt Uni­ver­si­ty of Applied Sci­ences (Frank­furt UAS) der Fach­tag „Antizigan­is­mus in der Sozialen Arbeit“ statt. Der Lan­desver­band hat den Fach­tag in Koop­er­a­tion mit den Pro­fes­sorIn­nen Kathrin Schrad­er und Chris­t­ian Kolbe von der Frank­furt UAS sowie dem Fördervere­in Roma organ­isiert, um eine Reflek­tion von Beruf­stäti­gen und Studieren­den der Sozialen Arbeit im Bezug auf antizigan­is­tis­che Diskri­m­inierungsmuster zu ermöglichen.

Rinal­do Strauß vom Lan­desver­band

Zur Eröff­nung des Fach­tages begrüßte der Vizepräsi­dent der Frank­furt UAS Prof. René Thiele die Anwe­senden, für den Lan­desver­band hielt Rinal­do Strauß das Gruß­wort. Im Auf­tak­tvor­trag ging Dr. Markus End, Vor­sitzen­der der Gesellschaft für Antizigan­is­mus­forschung, auf die Gegen­wart des Antizigan­is­mus in Deutsch­land ein und betonte die Notwendigkeit für Sozialar­bei­t­erIn­nen, ihre eigene Rolle und ihre eige­nen Vorurteile kri­tisch zu reflek­tieren, auch vor dem Hin­ter­grund der Geschichte der Sozialen Arbeit. Kenan Emi­ni vom Roma Cen­ter Göt­tin­gen schilderte anschließend ein­drück­lich die oft prekäre rechtliche Sit­u­a­tion von geflüchteten Roma und die häu­fig katas­trophalen Leben­sum­stände der Betrof­fe­nen. Abschließend berichteten Chris­tine Bast und Jovi­ca Arvan­itel­li vom Lan­desver­band der deutschen Sin­ti und Roma Baden-Würt­tem­berg von ihrer beru­flichen Prax­is zu Antizigan­is­mus im Bil­dungs­bere­ich und über die Her­aus­forderun­gen, die ihnen von kom­mu­naler Seite gestellt wer­den.

Jovi­ca Arvan­itel­li und Chris­tine Bast vom Lan­desver­band Baden-Würt­tem­berg

Nach den Vorträ­gen am Vor­mit­tag fan­den am Nach­mit­tag zweistündi­ge Work­shops mit den Ref­er­entIn­nen statt. In diesen kon­nten die Teil­nehmenden einen ver­tiefend­en Ein­blick in die The­matik erhal­ten und in den Aus­tausch gehen. Zum Abschluss des Fach­tages gab es eine Podi­ums­diskus­sion mit allen Ref­er­entIn­nen, die vom Sozialar­beit­er und Bürg­er­rechtler Silas Kropf mod­eriert wurde.

Abschließende Podi­ums­diskus­sion mit den Ref­er­entIn­nen und Mod­er­a­tor Silas Kropf

Der Fach­tag war in unseren Augen ein weit­er­er wichtiger Schritt für eine Sen­si­bil­isierung für das The­ma Antizigan­is­mus in unser­er Gesellschaft.

Gedenken am Denkzeichen Güterbahnhof in Darmstadt

Am Son­ntag 29. Sep­tem­ber 2019 gedacht­en engagierte Ein­wohn­er Darm­stadts den Ange­höri­gen der Juden und der Sin­ti, die in den Jahren 1942 und 1943 von Darm­stadt aus in die Todeslager der Nazis ver­schleppt wur­den.

Für die Jüdis­che Gemeinde sprach Daniel Neu­mann, für unseren Lan­desver­band Rinal­do Strauß. Als Vertreterin der Wis­senschaftsstadt Darm­stadt sprach Frau Stadträtin Iris Behr ein Gruß­wort.

Nachruf auf Spinetta Weimer

Der Lan­desver­band trauert um Spinet­ta Weimer, die am 21. August 2019 nach kurz­er schw­er­er Lei­den­szeit ver­stor­ben ist.

Geboren wurde Spinet­ta Weimer als Spinet­ta Laub­inger am 22.03.1933 im west­fälis­chen Atten­dorn. Sie war das älteste von fünf Kindern. In Atten­dorn ver­brachte sie ihre ersten 9 Leben­s­jahre in ein­er liebevollen Fam­i­lie.

Wenige Wochen vor ihrem 10. Geburt­stag wurde sie gemein­sam mit ihren 4 Geschwis­terkindern und ihrer Mut­ter nach Auschwitz deportiert. Ihre vier Geschwis­ter Valentin, Olivia, Ger­lin­da und Chris­tine wur­den alle in Auschwitz ermordet. 1944 wur­den Spinet­ta und ihre Mut­ter von Auschwitz zunächst in das Konzen­tra­tionslager Ravens­brück und von dort aus in das KZ Bergen-Belsen ver­bracht. In Bergen-Belsen wur­den sie am 15. April 1945 von der britis­chen Armee befre­it. Gemein­sam kamen sie im Mai 1945 nach Wies­baden.

Die Mut­ter starb mit nur 48 Jahren im Jahr 1963, weil sie ohne ihre ermorde­ten Kinder keinen Lebenswillen mehr hat­te. Sie war tief ver­bit­tert von den Behör­den in der Nachkriegszeit, die das began­gene Unrecht abstrit­ten und ver­harm­losten. So argu­men­tierte etwa eine Entschädi­gungs­be­hörde 1951, dass Spinet­ta Laub­inger und ihre Geschwis­ter auf­grund von „Asozial­ität“ deportiert wor­den seien.

Spinet­ta Laub­inger heiratete am 11. Jan­u­ar 1957 ihren Mann Wil­helm Weimer; mit ihm bekam sie drei Kinder: eine Tochter und zwei Söhne. Ihre größte Freude war ihr Enkel, seine Frau und ihr im Herb­st 2017 geboren­er Urenkel. Ihr Ehe­mann ver­starb bere­its 2007, nur zwei Tage nach ihrer Gold­e­nen Hochzeit.

Spinet­ta Weimers Tochter berichtet, dass die grausamen Erfahrun­gen während der Ver­fol­gung das Leben ihrer Mut­ter sehr geprägt haben. So war es für sie nicht möglich, in geschlosse­nen Räu­men zu sein. In ihrem Zuhause gab es nur die Ein­gangstür und die Tür zum Badez­im­mer, die geschlossen wer­den durften.

Im Zeitzeu­gen­in­ter­view, das der Mitar­beit­er des Lan­desver­ban­des Josef Behringer Anfang der 2000er Jahre mit Spinet­ta Weimer führte und das der Lan­desver­band in dem Buch „Flucht Internierung Depor­ta­tion Ver­nich­tung“ veröf­fentlicht hat, sagte sie: Ich habe viel erlebt, aber ich denke nach wie vor pos­i­tiv. Die Kinder und Jugendlichen sind doch nicht für die Ver­gan­gen­heit ver­ant­wortlich zu machen, und ich hoffe, dass sie meine Geschichte und die Geschichte mein­er Fam­i­lie und die Ver­fol­gungs­geschichte der Sin­ti und Roma nicht vergessen wer­den.

Mobile Ausstellung in Heppenheim

Vom 16. August bis 6. Sep­tem­ber 2019 zeigte der Lan­desver­band die Roll-Up-Ausstel­lung „Der Weg der Sin­ti und Roma“ in Koop­er­a­tion mit der Region­al­stelle Süd des Demokratiezen­trums Hes­sen im Haus am Maiberg in Hep­pen­heim.

Bere­its am Mo. 19. August um 17:30 wurde die Ausstel­lung mit ein­er Führung durch den Mar­burg­er His­torik­er und Autoren der Ausstel­lung Dr. Udo Eng­bring-Romang eröffnet. Susanne Kolb sprach das Gruß­wort für das Haus am Maiberg, Rinal­do Strauß begrüßte die Anwe­senden im Namen des Lan­desver­ban­des.

Am Di. 27. August um 19 Uhr zeigte der Lan­desver­band seinen Doku­men­tarfilm „Kampf um Anerken­nung“ , der die poli­tis­che Organ­isierung und Bürg­er­recht­sar­beit der deutschen Sin­ti und Roma seit 1979 behan­delt. Im Anschluss gab es eine Gespräch­srunde mit Rinal­do Strauß und Malte Clausen vom Lan­desver­band.

Zum Abschluss der Ausstel­lungswochen gab es am Fr. 6. Sep­tem­ber um 19 Uhreinen Vor­trag mit anschließen­der Diskus­sion zur Men­schen­rechtssi­t­u­a­tion von Sin­ti und Roma in Europa mit Romeo Franz, Bürg­er­rechtler und Mit­glied des Europäis­chen Par­la­mentes für die Grü­nen.

Auschwitz-Gedenkfahrt des Hessischen Landtages

Foto: Hes­sis­ch­er Land­tag, Kan­zlei. Fotograf: Ste­fan Krutsch 2019

Die erste Reise des neu gewählten Land­tagspräsi­den­ten Boris Rhein (CDU) hat ihn gemein­sam mit den Vizepräsi­dentin­nen und ‑präsi­den­ten des Hes­sis­chen Par­la­ments in die Gedenkstätte Auschwitz geführt.

Zu der zweitägi­gen Reise vom 21. bis 22. August 2019 war zusam­men mit der Jüdis­chen Gemeinde auch unser Lan­desver­band ein­ge­laden wor­den, als dessen Vertreter Rinal­do Strauß teil­nahm.

Während der bewe­gen­den Reise schlug der Land­tagspräsi­dent vor, dass alle Hes­sis­chen Schü­lerin­nen und Schüler im Laufe ihrer Schulzeit eine KZ-Gedenkstätte besuchen soll­ten. Diesen Vorschlag unter­stützt der Lan­desver­band aus­drück­lich.

Die Hes­sen­schau des hr berichtete.

Nachruf auf Wallani Georg

Der Lan­desver­band trauert um seinen früheren Vor­sitzen­den Wal­lani Georg, der heute in Darm­stadt bestat­tet wurde. Wal­lani Georg war ein Aktiv­er der ersten Stunde in der Bürg­er­rechts­be­we­gung Deutsch­er Sin­ti und Roma.

Wal­lani Georg, links sitzend neben dem Auschwitz-Über­leben­den Hans Braun, im Hin­ter­grund Romani Rose. Dachau, Ostern 1980
Bild: Zen­tral­rat Deutsch­er Sin­ti und Roma

Der Völk­er­mord an den Sin­ti und Roma während der Naz­izeit wurde in der Nachkriegszeit ver­leugnet, die weni­gen Über­leben­den aus der Min­der­heit häu­fig ger­ing oder gar nicht entschädigt. Sie wur­den weit­er­hin ver­trieben und an die Rän­der der Städte und Dör­fer gedrängt. Gegen diese Ungerechtigkeit sind einige der NS-Ver­fol­gten gemein­sam mit ihren Kindern ver­stärkt ab Ende der 1970er Jahre aufge­s­tanden. Unter ihnen befand sich auch Wal­lani Georg, der sich an Ostern 1980 am Hunger­streik der Sin­ti in der Gedenkstätte des ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tionslagers Dachau beteiligte. Der Hunger­streik löste weltweite Aufmerk­samkeit aus und gilt gemein­sam mit dem Gedenken in der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen 1979 als Geburtsstunde der Bürg­er­rechts­be­we­gung Deutsch­er Sin­ti und Roma. Wal­lani Georg wurde bei der Grün­dung des Hes­sis­chen Lan­desver­band der Deutschen Sin­ti und Roma zum ersten Vor­sitzen­den gewählt. In seine jahre­lange Amtzeit fällt auch die offizielle Anerken­nung des Völk­er­mords an unseren Men­schen durch Bun­deskan­zler Hel­mut Schmidt im Jahre 1982. Die Arbeit des Lan­desver­ban­des und seine Errun­gen­schaften, ins­beson­dere die Entschädi­gun­gen für NS-Ver­fol­gte und das öffentliche Gedenken an den Völk­er­mord in vie­len Hes­sis­chen Städten und Gemein­den, wären ohne das Engage­ment von Wal­lani Georg nicht möglich gewe­sen.

Der Lan­desver­band wird sein Andenken in großer Dankbarkeit bewahren.

Gedenken in Cölbe

Am 7. August wurde in der Gemeinde Cölbe in der Nähe von Mar­burg den NS-Ver­fol­gten des Ortes gedacht. In der Alten Dorf­str. wur­den Gedenksteine für die jüdis­chen Fam­i­lie Stern ver­legt. Außer­dem wur­den bei der Evan­ge­lis­chen Kirche drei Gedenk­tafeln enthüllt, die an das Schick­sal des Pfar­rers Bern­hard Hep­pe, der Sin­ti-Fam­i­lie Strauß sowie der jüdis­chen Fam­i­lien Cölbes erin­nern.

An der würdi­gen und gelun­genen Gedenk­feier nah­men u.a. Cölbes Bürg­er­meis­ter Dr. Jens Ried und der Pfar­rer Dr. Alexan­der Warne­mann teil. Haup­tini­tia­tor des Gedenkens ist der pen­sion­ierte Lehrer Hans Junker. Viele Ange­hörige der Fam­i­lie Strauß kamen zum Gedenken. Als Vertreter des Lan­desver­ban­des sprach Romano Strauß, dessen Groß­vater Ewald und Vater Heinz Strauß gemein­sam mit weit­eren Ange­höri­gen nach der NS-Ver­fol­gung nach Cölbe zurück­kehrten. Elise, Julius, Sala­man­da und Agnes Strauß sowie mehrere Enkelkinder von Ewald und Elise Strauß wur­den von den Nazis ermordet. Den Ange­höri­gen der Fam­i­lie Strauß kann von nun an in der Mitte des Ortes gedacht wer­den. Das Gedenken bein­hal­tet die Mah­nung, dass Auschwitz nie mehr geschehen darf.

Die Ober­hes­sis­che Presse hat aus­führlich in ihrer Print-Aus­gabe vom 13. August 2019 berichtet.

Gedenken in Frankfurt zum 2. August

Vor 75 Jahren, in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurde das „Zige­uner­lager“ im Ver­nich­tungslager Auschwitz-Birke­nau liq­ui­diert. 1408 Häftlinge wur­den in das KZ Buchen­wald ver­bracht, die im Lager verbliebe­nen 2897 Frauen, Män­ner und Kinder wur­den in den Gaskam­mern ermordet. Wer sich im Lager ver­steck­en kon­nte, wurde von den SS-Wach­mannschaften am Mor­gen des 3. August erschla­gen oder erschossen. Ins­ge­samt fie­len etwa 500.000 Men­schen in Europa dem mörderischen Antizigan­is­mus der Nazis zum Opfer.

Zu diesem trau­ri­gen Anlass ver­anstal­tete der Fördervere­in Roma am 2. August eine Kundge­bung vor dem ehe­ma­li­gen Stadt­ge­sund­heit­samt in der Braubach­straße unweit des Römers. Im Stadt­ge­sund­heit­samt waren die führen­den „NS-Rasse­forsch­er“ Robert Rit­ter und Eva Justin, deren „Rassegutacht­en“ den Völk­er­mord an cir­ca 17.000 deutschen Sin­ti und Roma ermöglicht haben, nach 1945 von der Stadt Frank­furt in lei­t­en­den Posi­tio­nen beschäftigt. Erst das jahre­lange Engage­ment von Selb­stor­gan­i­sa­tio­nen ermöglichte im Jahr 2000 die Anbringung ein­er Gedenk­tafel, die auss­chließlich aus Spenden­geldern finanziert wurde.

Rinal­do Strauß nahm für den Lan­desver­band an der Kundge­bung teil.

1. Treffen des Gremiums auf Landesebene

Am 26. Juni 2019 tagte zum ersten Mal das Gremi­um zwis­chen Lan­desregierung und Lan­desver­band in der Hes­sis­chen Staatskan­zlei in Wies­baden. Die Haup­tauf­gaben des Gremi­ums sind die regelmäßige Über­prü­fung der Umset­zung der Ziele des Staatsver­trags und der Aus­tausch über aktuelle Fragestel­lun­gen der Min­der­heit und der Mehrheit. Die Ein­rich­tung des Gremi­ums ist Teil des Staatsver­trages, den der Lan­desver­band im Herb­st 2017 mit dem Land Hes­sen geschlossen hat.

An der kon­sti­tu­ieren­den Sitzung nah­men für die Lan­desregierung der Chef der Staatskan­zlei Axel Win­ter­mey­er sowie der Min­is­ter für Soziales Kai Klose neben weit­eren Mitar­beit­ern teil, Adam Strauß ver­trat den Lan­desver­band.

Bild: Hes­sis­che Staatskan­zlei

Inhalte der Gespräche waren die Bil­dungssi­t­u­a­tion zum The­ma Antizigan­is­mus an Hes­sis­chen Schulen und die geplante Dauer­ausstel­lung des Lan­desver­ban­des.